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60 Minuten Unterschied

#Gabriele Waldner-Pammesberger, Leiterin der Ö1-„Journale“


„Das war das ‚Mittagsjournal‘ am 6. Februar, für das Team verabschiedet sich Franz Renner.“ Bis zur Signation von „Punkt eins“ fehlen noch zehn Sekunden. Zeit genug, um dem Publikum einen schönen Tag mit Ö1 zu wünschen.

Hinter dem Journal-Anchor liegen 60 Minuten journalistischer Hochleistungssport. Wie immer mit viel zu wenig Zeit fürs Vorbereiten von Moderationen (heute dreizehn) und Live-Gesprächen (heute nur zwei). Das Weltgeschehen zwischen Redaktionssitzung und Sendungsbeginn, zwischen 9.45 und 12.00 Uhr, ist heute gnädig zum Team. Turbulent sind die 60 Minuten trotzdem. Denn wer glaubt, dass um 12.00 Uhr alle Beiträge fertig sind, hat noch nie einen Chef vom Dienst durchs Newscenter sprinten gesehen. Von all dem bekommt das Publikum natürlich nichts mit. Im Gegenteil. Franz Renner klingt on air wie die Ruhe selbst und bahnt seinen Hörer/innen den Weg durch die wichtigsten Nachrichten dieses Tages. Eines Tages, an dem alle über den massiven Kurssturz an der Wall Street rätseln und an jeder Börse die Nerven flattern: „Die Realwirtschaft wächst wie lange nicht, und die Aktien brechen ein. Wie verrückt ist das denn?“, eröffnet der Moderator seinen Frage-Reigen an die Expertin im Studio. Am Ende dieses Gesprächs werden die Ö1-Hörer/innen mehr wissen. Eine längst überfällige Kursbereinigung, kein Grund zur Angst vor einer neuen weltweiten Finanzkrise.

Am Regieplatz glättet sich derweil eine Sorgenfalte im Gesicht von Barbara Schieder. Die Chefin vom Dienst kann dem Moderator endlich deuten, dass es wie geplant weiter geht. Die Spitzen von ÖGB und AK haben vor kurzem ihre designierten Nachfolger präsentiert, der Beitrag ist in letzter Sekunde eingetroffen. Und mit ihm auch das allererste Interview der künftigen Arbeiterkammerchefin. Die Ö1-Hörer/ innen können sich ein Bild machen. Dass die EU-Kommission an diesem 6. Februar erst am Nachmittag offiziell ihre Westbalkanstrategie vorstellen wird, ist aus Sicht einer Mittagssendung – nun ja – ungünstig. Aber das Ö1-Publikum interessiert sich nun einmal sehr für Internationales. Und so geht um 12.20 on air, was bis dahin inoffiziell in Erfahrung gebracht werden kann. Es ist gar nicht so wenig. Und es zahlt sich aus, noch schnell den ORF-Balkanexperten aus Belgrad zuzuschalten. Aufmerksam lauscht Christian Wehrschütz mit Moderator Franz Renner den Recherchen von Tim Cupal aus Brüssel, dann das Kommando vom Regieplatz: „Improvisieren!“. „Wird sich in den sechs Westbalkanstaaten jemand durch die Perspektive eines EU-Beitritts 2025 ermuntert fühlen?“, fragt der Mittagsjournal-Anchor nach Belgrad. „Also hätte ich meiner Tochter gesagt, in zehn Jahren erhöhe ich dein Taschengeld, wäre das auch keine besondere Ermunterung gewesen“, kontert Christian Wehrschütz. Womit er gleich beim zentralen Punkt ist, beim Geld aus Brüssel, das die EU-Reife beschleunigen könnte. Anschließend skizziert der Balkan-Kenner sowohl Schwächen der Beitrittswilligen (Korruption, mangelnde Rechtsstaatlichkeit, Grenzkonflikte) als auch jene der EU (eine einheitliche Kosovo-Linie fehlt). Die Botschaft fürs Publikum: Da bleibt noch viel zu tun.

Ist das nicht viel zu lang?
Via Mittelmeer (Emmanuel Macron auf heikler Mission bei den autonomiefreudigen Korsen … ) nehmen Franz Renner und die Hörer/innen langsam Kurs auf die Malediven. Dort verhaften die Machthaber gerade Oppositionelle, Proteste drohen zu eskalieren. Muss man also um die Sicherheit von gut tausend urlaubenden Österreicher/innen bangen? Soll man geplante Reisen stornieren? Nein, beruhigen Außenministerium und Reiseveranstalter. Die Unruhen konzentrierten sich auf die Hauptinsel, die Hotelinseln seien sicher. Für die Ö1-Hörer/innen gibt es dennoch mehr als bloßen Reiseservice: Ein weiterer Beitrag schildert die politischen Verwerfungen abseits der Traumstrände, beleuchtet das Regime und die heterogene Opposition. 43 Minuten dauert das Ö1-Mittagsjournal nun schon. Die Redakteur/innen mit ihren Schlussmeldungen in Englisch, Französisch und Deutsch machen sich bereit, auch der Meteorologe. Ehe sie dran sind berichtet aber die Kulturredaktion noch, dass die Untreue-Ermittlungen gegen Kunstmanagerin Agnes Husslein eingestellt sind, und es gilt einen begnadeten Dramatiker zu feiern – Felix Mitterer ist 70. 60 Minuten Nachrichten zur Mittagszeit. Ist das nicht viel zu lang?

Wer, bitte, hat noch so viel Zeit und Muße? Wer informiert sich heutzutage überhaupt noch übers Radio? News holt sich doch ohnehin jeder online. Mehr noch: Man holt sie gar nicht mehr, sie stürzen regelrecht auf einen ein. Als permanenter Infoschauer auf dem Smartphone!

Stimmt. Und gerade deshalb braucht es das Ö1- „Mittagsjournal“ mehr denn je. Braucht es professionelle Auswahl und Aufbereitung des Wichtigsten. Braucht es umfassende Darstellung und Kontextualisierung. In 60 Minuten um die Welt. Mit verantwortungsvoller Reisebegleitung. Daheim vor dem Radio. Oder via Ö1-App irgendwo. Und natürlich jederzeit als Podcast abrufbar. 60 Minuten, die den Horizont erweitern. Und den Unterschied machen. Für immer mehr anspruchsvolle Hörer/innen. 231.000 sind es laut jüngstem Radiotest.


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60 Minuten Unterschied
#Gabriele Waldner-Pammesberger, Leiterin der Ö1-„Journale“
Der Resonanzraum des 21. Jahrhunderts, #Hartmut Rosa, Universität Jena abspielen
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Der Resonanzraum des 21. Jahrhunderts
#Hartmut Rosa, Universität Jena