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50 Jahre Fernsehgeschichte

Ein Beitrag von Sabine Zink

Transkription
Hier ist die Zeit stehen geblieben. Der ORF-Fundus in Wien-Liesing ist ein Möbellager der besonderen Art. Hier wohnen mehr als 50 Jahre Fernsehgeschichte. In diesen Regalen stapeln sich Möbel vieler ORF-Erfolgssendungen aus Unterhaltung und Information – Kulissen, die ausgespielt haben. 8.500 verschiedene Stücke lagern mittlerweile hier, darunter auch viele Requisiten beliebter Fernsehstars. Diese Wanne zum Beispiel. Können sie sich erinnern? In ihr badete einst ein Publikumsliebling und ging nicht unter. Einen Gang weiter finden wir die fürs Studio nachgebauten Türen der Sendung Café Central, einer legendären Diskussionsrunde mit Ernst Wolfram Marboe, ausgestrahlt in den 80er Jahren. „Guten Abend meine Damen und Herren im Café Central.“ Damals wie heute wird sowohl zugekauftes als auch selbstgebautes Inventar von ORF-Produktionen großteils aufgehoben, wenn Sendungen abgesetzt oder neu ausgestattet werden. Jedes Stück wird fotografiert und archiviert, manches wird wiederverwendet, die einzelnen Gegenstände können aber auch online angesehen und tageweise gemietet werden, für Filme, Fotos oder Privatpersonen. „Es gibt viele Dinge, die wir hier haben wo man sie woanders gar nicht mehr besorgen kann. Also vor allem Dinge aus den 50er Jahren, die Objekte die wir haben, die bekommt man sonst nirgends mehr. Bühnenbauer haben das gefertigt nach den Vorgaben und Vorlagen unserer Architektinnen und Architekten und da hat so jeder seine Spezialitäten gehabt und seine Vorlieben, von Leisten über viel Glas oder Spiegelelemente, die da zum Einsatz gekommen sind. Zu den Bühnenbauern der Fernseh-Gegenwart: Michael Korbel und Johann Ammer sind Tischler und arbeiten für die ORF-Ausstattung. Im ORF befinden sich nicht nur Redaktionen und Studios sondern auch jene Werkstätten, in denen die Fernsehwelt zusammengebaut wird. Hier in der Tischlerei geht’s momentan sportlich zu. Michael Korbel hat gerade einen passgenauen Transportkoffer für einen Moderationstisch für den ORF Sport fertiggestellt, denn die von den Werkstätten gefertigten Studiomöbel müssen platzsparend und leicht von A nach B gebracht werden können. „Wo geht das jetzt hin?“ „Das geht jetzt ins Happel-Stadion für ein Fußballmatch – für die Kommentation.“ In der Kunststoffverarbeitung wird gerade aus Plexiglas ein neues Moderationspult hergestellt, ebenfalls für den Sport – dafür wird die Platte 30 Minuten erwärmt, damit sie nachher in die gewünschte Form gebracht werden kann. „Das ist alles eine Spezialanfertigung, so wie es der Architekt will, im Prinzip jedes Mal ein Prototyp. Aber es werden mehr, von dem werden es elf – elf Stück von diesen Pulten gibt es.“ In der ORF-Tapeziererei werden jedes Jahr unter anderem 20 Sofas gefertigt und zahlreiche Transparente als Hintergrund für Studios und die Außenmoderation genäht. In der ORF-Druckerei ist gerade ein Auftrag von unserer Sendung ‚Heute leben‘ eingegangen. Man braucht rasch Fahrzeugbeschriftungen für die Außenreporter. In der Schlosserei muss ein Sportmoderationstisch adaptiert werden. Eines haben die Arbeiter der ORF-Ausstattung gemeinsam: sie können ihre Werkstücke live auf Sendung sehen. „Natürlich schauen wir die Sendung an, wir müssen ja auch wissen wie wir dann dazu gearbeitet haben oder wie es ausschaut. Ob das passt oder nicht passt.“ „Und?“ „Schaut meistens schön aus.“ Im Studio 1, dem größten Fernsehstudio des ORF geht’s zu diesem Zeitpunkt rund. Es wird für ‚Die große Chance‘ aufgebaut. Bis zu zehn Bühnenbauer sind zwei Wochen lang damit beschäftigt, denn die Dekoration für die aufwändige Live-Show besteht aus fast 800 Einzelteilen. „In so einem großen Studio wie hier ist es ganz wichtig, dass die Teile im richtigen Maßstab sind und dementsprechend groß sind. Denn stellt man hier einen fünf Meter Bogen zum Beispiel nur her – der bei mir im Hintergrund da ist – dann würde das ausschauen wie ein Liliput-Bogen. Also das muss schon alles 10-12 Meter hoch sein, dem Studio entsprechend, sonst schaut das nichts gleich. Die Ausstattung ist nur eine von mehreren Fachbereichsgruppen des Produktionsbetriebs Fernsehen, ein riesiger Bereich mit mehr als 600 Mitarbeitern. Karl Nöbauer ist der Leiter und ist mit seinem Team dafür verantwortlich, dass die Sendungen des ORF in technischer und organisatorischer Hinsicht abgewickelt werden können. „Wir arbeiten hier mit allen Programmabteilungen gemeinsam an den Produkten des ORF. Unsere Arbeit soll man merken mit dem Glanz und der technischen Qualität unserer Produkte aber doch ein wenig im Hintergrund und verborgen natürlich. Ausstattungschef Günter Fida führt uns in die riesige Vorbauhalle, eine Art Zwischenlager für alle Dekorationen, die nur an den jeweiligen Sendungstagen aufgebaut werden. „Hier haben wir die neue ‚Sport am Sonntag‘-Deko oder Fußball-Deko hier mit den schönen Bänken, die natürlich selbstverständlich in unserer Tapeziererei gefertigt wurde. Hier haben wir die ‚Brieflos Show‘, hier den Globus vom ‚Weltjournal‘, unten die Rundung von ‚Report‘. Hier oben sind verpackt die Luster von ‚Dancing Stars‘, hier das Logo von ‚Die große Chance‘, hier hinterhalb noch Teile des ‚Bürgeranwalt‘. Der Boden da vorne und die schrägen Wände gehören zu ‚kreuz und quer‘.“ „Alle Sendungen vertreten hier.“ „Ja, alle Programmabteilungen des Hauses sind hier zwischengelagert.“ In einem Container im Lager Liesing verstaut wird indes dieser Tage die Dekoration der Wahlkonfrontationen. Sie steht auf Abruf bereit. Die ORF-Ausstattung ist eben für alle journalistischen Eventualitäten gerüstet.




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50 Jahre Fernsehgeschichte
Ein Beitrag von Sabine Zink