DE | EN
DE | EN
[Eine Seite zurück]

Religion in Film und Fernsehen

Beitrag von Brigitte Krautgartner

Transkription
Können Sie sich noch an Heinz Rühmann in der Rolle des Pater Braun erinnern? Oder an Audrey Hepburn als junge, idealistische Nonne, die sich in Afrika in einen Missionsarzt verliebt? Bei etwas genauerem Hinsehen merkt man, sie durchziehen die Film- und Fernsehgeschichte. Bibelverfilmungen, geistliche Protagonistinnen und Protagonisten sowie Themen aus dem ethisch-religiösen Bereich. Mitunter in Form eines 3D-Spektakels aufbereitet, wie die aktuelle US-amerikanische Produktion „Noah“. Dann wieder leise und unaufdringlich wie etwa in Götz Spielmanns vielbeachtetem Film „Oktober, November“. Aktionreich, humorvoll oder Familien kompatibel im ORF Hauptabendprogramm. Der liebe Gott hat seinen fixen Platz in Film und Serie im österreichischen Fernsehen. Auch dort wo man ihn gar nicht unbedingt erwarten würde, und das bedeutet nicht zuletzt, dass Unterhaltung nicht ausschließlich vordergründig sein muss, sondern durchaus auch die Sinnfrage stellen kann. Mehr von Brigitte Krautgartner:

[Musik: I will follow Him – Sister Act]

Wer hätte sie nicht ins Herz geschlossen, die singenden, swingenden Nonnen aus Sister Act, die Whoopi Goldberg alias Nachtclubsängerin Deloris in höchster Lebensgefahr Zuflucht gewährt haben. Im deutschen Sprachraum ist es die Serie „Um Himmels Willen“, die immer wieder Einblicke ins Klosterleben gewährt und auch kirchliche Machtspiele thematisiert. Im Zentrum: Schwester Hanna aus dem fiktiven bayrischen Kloster Kaltenthal, die sich im Dienst der guten Sache auch auf Abwege begibt. Streng jugendfrei versteht sich und nur, um anderen zu helfen. Film- und Serienexpertin Andrea Bogad-Radatz weiß, warum Schwester Hanna und ihre Gleichgesinnten so viel Sympathie beim Publikum erwecken.
„Es ist halt immer auch interessant, wenn halt Nonnen – gerade Nonnen – etwas Verbotenes tun. Oder der Pfarrer Braun, genau. Das hat dann glaub ich immer so einen mystischen Touch auch und das hat man ja als Leser, und als Fernsehzuschauer auch, wenn immer so etwas Mystisches dabei ist. Also wir haben ja riesen Erfolge – also nicht nur wir im ORF – sondern weltweit im Kino auch mit den Brown-Verfilmungen gehabt. Also sei es jetzt „Sakrileg“, sei es „Illuminati“. Und diese Mystik ist ja auch etwas, was die Menschen glaube ich immer schon fasziniert hat. Es hat immer auch glaube ich, dass wir ja viele nicht wissen: Sei es, was ist nach dem Tod? Sei es, gibt’s einen Himmel? Gibt’s eine Hölle?“
Da ist es durchaus willkommen, wenn diese Themen im Fernsehen hin und wieder aufgegriffen werden. Freilich, wenn es sich um leichtere, unterhaltsamere Kost handelt, dann durchaus auf konventionellere Art und Weise. Die Kirche bleibt im Dorf und ihre Vertreterinnen und Vertreter verhalten sich im Grunde so, wie man es von ihnen erwarten würde. Menschliches und freilich allzu Menschliches hat hier durchaus seinen Platz. Notlügen etwa und verbotene amouröse Eskapaden. Diese Darstellungsweise hat eine lange Tradition, so Andrea Bogad-Radatz, Leiterin der Abteilung Film und Serien im ORF.
„Ich erinnere mich an meine Kindheit, an „Don Camillo und Peppone“ oder „Pater Braun“ oder dann „Dornenvögel“ jetzt auch – wirklich eine eher triviale Serie, aber natürlich da ist der Pfarrer und somit auch die Religion im Mittelpunkt. Und das hat sich nicht verändert, würde ich sagen.“
Und dann war da noch einer, der in den 1970er Jahren den Buddhismus in österreichische Wohnzimmer gebracht hat.

[Musik Kung Fu]

Kwai Chang Caine hat in der Serie „Kung Fu“ nicht nur heroisch seine Abenteuer im wilden Westen bestanden, sondern auch fernöstliche Weisheiten mitgeliefert. „Lass deinen Geist zur Ruhe kommen“, heißt es da etwa, „sieh auf das Wasser. Ruhiges, unbewegtes Wasser ist wie ein Kristall, so klar.“ Rückblenden in sein Leben als ein junge Mönch in einem Shaolin-Kloster bilden sozusagen den spirituellen Unterbau zu den gekonnt inszenierten Kampfszenen. Ganz anders geht es da in der US-amerikanischen Stadt Springfield zu, im Leben einer sehr gelben und sehr turbulenten Zeichentrickfamilie.

[Musik The Simpsons]

Ein bekennender Fan dieser Vorabendserie ist der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker.
„Die Subversion zur Primetime, also alles das, was hier unter der Überschrift „Comic“ möglich wurde, das ist ja schon erstaunlich. Trotzdem verstehen es die Simpsons auf das Thema Religion auf eine sehr unterhaltsame, aber doch auch kluge Weise zu präsentieren. Es beginnt schon damit, dass Krusty der Clown der Sohn eines Rabbiners ist, der mit seinem Vater in einem großen Konflikt lebt, und da gibt’s diese sehr schöne Folge, wo sich die beiden dann doch versöhnen und Krusty dann auch zu seinen jüdischen Wurzeln wieder findet. Oder Apu, der Verkäufer, der Hindu ist und dann natürlich alles was rund um Reverend Lovejoy und die Kirche in Springfield dich ereignet.“
So hat etwa Homer Simpsons Chef Mr. Burns – nomen est omen – durchaus teuflische Züge. Und Nachbar Flanders ist so fromm, dass er damit bisweilen sogar dem Pastor auf die Nerven geht. Und der freche Ton, in dem das alles präsentiert wird:
„Ja, Religion aufs Korn zu nehmen und Religion in irgendeiner ironischen Weise darzustellen, das ist ja etwas, dass ein bisschen immer umstritten ist und wir sind da ja sehr vorsichtig. Weil wir wissen – alle wissen – und wissen sollten, auch die Medien, dass die Gefühle der Menschen grade beim Thema Religion und Glaube sehr tief gehen und meistens auch sehr blank liegen. Und trotzdem muss man sagen, über Religion und religiöse Bräuche sehr ironisch, vielleicht sogar spöttisch herzuziehen, das finden wir ja schon in der heiligen Schrift, wie die Propheten im alten Israel über die Gottesdienste an den Tempeln herziehen, das ist ja wirklich auch eine kräftige Sprache. Und in der Reformationszeit waren es beide Seiten gewohnt, sich gegenseitig in Karikaturen, in Spottversen auf die Schippe uns aufs Korn zu nehmen. „
Mit anderen Worten: Provokante Darstellungen dieser Art haben eine überaus lange Tradition. Weniger provokant als vielmehr äußerst charmant zeigt sich die Komödie „Glauben ist alles“, mit Jenna Elfman, Edward Norton und Ben Stiller.

[Musik Glauben ist alles]

In einer Bar zur späten Stunden und nach dem einen oder anderen Drink erzählt ein Mann dem Barkeeper seine Lebensgeschichte. In Rückblenden wird diese dann dargestellt. Die ebenso amüsante wie kluge Dreiecks-Lovestory zwischen einer Traumfrau namens Anna, einem jungen Rabbiner und einem jungen katholischen Priester, eben dem späten Gast in der Bar. Mit viel Liebe zum Detail werden kleine Momentaufnahmen aus dem Leben der beiden Seelsorger gezeigt. Insgesamt eine sehr gelungene Darstellung, findet Michael Bünker.
„Der eine darf nicht, weil sie keine Jüdin ist, der andere darf nicht, weil er römisch-katholischer Priester wird. Und sie kann sich nicht entscheiden zwischen den beiden, das ist doch ein sehr guter Plot für eine aufgelegte Komödie. Und da muss man sich nicht lustig machen über das Jüdische des einen und das Katholische des anderen, sondern das ergibt sich da von selber.“
Also es kann auch in Komödien gut aufgegriffen werden? Passend?
„Es kann auch in Komödien gut aufgegriffen werden und es eignet sich oft auch für beides. Für eine gute Komödie und für die ganz dramatische Tragödie.“
Die Filme, die religiös relevante Inhalte auf besonders ernste Weise thematisieren – jüngst etwa Michael Hanekes Liebesfilm um ein alterndes Ehepaar im Angesicht von Krankheit und Tod – solche Filme werden gerne rund um nachdenklich machende Anlässe gespielt, erklärt Andrea Bogad-Radatz.
„Schon dann auch immer so Aschermittwoch, Karfreitag. „Amour“ zum Beispiel von Haneke war jetzt bewusst am Aschermittwoch. Weil Österreich glaube ich schon ein sehr katholisches Land ist, wo sich ja gerade die Landbevölkerung an diesen katholischen Feiertagen ja auch sehr stark orientiert, mit Kirchgängen und all den Ritualen, die damit verbunden sind. Und die meisten unserer Zuseher leben am Land. Und daher ist das schon auch in der Programmierung immer ein Thema.“
Religion in Filmen und Serien. Ein fester Bestandteil auch des ORF-Programms und damit dessen, was man als öffentlich-rechtlichen Mehrwert, als Public Value bezeichnet.



"Erfüllte Zeit" - Ö1

Das Sonn- und Feiertagsmorgenmagazin, das über die verschiedensten Lebensweisen und Glaubenswelten berichtet und den jeweiligen (Gedenk-)Tag thematisiert. Das Musikprogramm reicht von Gregorianik bis Gospel, aber auch von synagogalem Gesang bis Sufi-Musik.




Religion in Film und Fernsehen, Beitrag von Brigitte Krautgartner abspielen
Religion in Film und Fernsehen
Beitrag von Brigitte Krautgartner