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Die 100-Sekunden-ZiB

Public Value Bericht 2015/16: Mailen mit Mag. Christoph Varga – TV-Wirtschaftsredaktion des ORF





Von: Konrad Mitschka
Gesendet: Montag, 18. Jänner 2016 16:23
An: Christoph Varga
Betreff: Nachfrage

Hi Christoph,
der Public-Value-Bericht steht heuer im
Zeichen von „Aufmachen!“ – Frage an Dich, den Preisträger: Was und wie sollen öffentlich-rechtliche Medien (wie der ORF) im digitalen Europa „aufmachen“?
Lg Konrad

 
Von: Christoph Varga
Gesendet: Dienstag, 26. Jänner 2016 11:56
An: Konrad Mitschka
Betreff: AW: Nachfrage

Servus, puhhhhh … einfache Frage, schwierige Antwort. — Politisch ist ja momentan eher das „Zumachen“ im Trend – Grenzen werden geschlossen, um den so genannten „Flüchtlingsstrom“ einzudämmen. Wir erleben einen Rückbau der Europäischen Union und ihrer Errungenschaften der letzten Jahrzehnte. Manche, wie der slowakische Ministerpräsident Fico, sehen die EU gar vor dem Scheitern. Wörtlich spricht er vom „rituellen Selbstmord“ der EU. Unser Aufmacher in der ZiB ist derzeit, Ende Janner 2016, fast täglich die Flüchtlingskrise.

 
— Du fragst nach dem digitalen Europa: Selbst da können wir die Flüchtlinge als Beispiel nehmen: Die Menschen sind sehr stark vernetzt, praktische jede und jeder hat ein Smartphone. Die Menschen wissen über die Entwicklungen in Europa bestens Bescheid. Die Aussagen etwa von Angela Merkel werden in Echtzeit in Flüchtlingslagern in der Türkei oder im Libanon registriert. Wohl auch die Katastrophen, die sich bei der Flucht abspielen. Immer noch ertrinken täglich Dutzende Menschen im Mittelmeer.

 
— Die Aufgabe öffentlich-rechtlicher Medien ist ganz klar: möglichst objektiv berichten. Urban Myths als solche entlarven, die Tatsachen dagegenhalten. Umgekehrt auch klar die Probleme benennen, die durch den Zustrom an Flüchtlingen entstehen: höhere Arbeitslosigkeit, Belastung des Sozialsystems, vermutlich aber auch zusätzliches Wirtschaftswachstum – befeuert durch die staatlichen Ausgaben zur Unterstützung der Flüchtlinge. All das zeigen wir in unseren Sendungen – sehr ausgewogen.

 
— Aufmachen – im Sinne von: aufbrechen, weitergehen, einen Weg fortsetzen: Auch da kommt einiges auf uns zu, und jetzt komme ich auf wirtschaftliche Themen im engeren Sinn. In vielen Wirtschaftsbereichen ist die Digitalisierung noch nicht voll ausgeschöpft. Das Stichwort dazu lautet: Industrie 4.0. Wie können Digitalisierung und Globalisierung in einzelnen Unternehmen besser genutzt werden? Ein banales Beispiel: Wenn im Lager die Schrauben ausgehen, schreit der Computer und bestellt neue bei der Schraubenfabrik. Möglicherweise konnte der Computer auch mehrere Angebote von Schraubenfabriken einholen. Die Computer kommunizieren miteinander, die Schrauben werden geliefert, ohne dass ein menschlicher Einkäufer eingreifen muss. Schöne, neue Welt – das geht natürlich nur bei standardisierten Abläufen. Aber selbst da ist einiges an Synergien zu heben, an die offenbar noch kaum jemand gedacht hat.

Von: Konrad Mitschka
Gesendet: Mittwoch, 27. Jänner 2016 12:16
An: Christoph Varga
Betreff: AW: Nachfrage

Oha, ich gestehe, mit einer so ausführlichen Antwort hab ich nicht gerechnet … Ich frag zu den Medien noch mal nach: Was hältst Du von Bürgerjournalismus? Sollen öffentlich-rechtliche Medien das künftig intensiver ermöglichen, vielleicht kuratiert? Auch um den vielen Gerüchten, die sonst allein auf weiter Netzwerkflur herumgeistern, etwas entgegenzusetzen?

Von: Christoph Varga
Gesendet: Mittwoch, 27. Jänner 2016 14:49
An: Mitschka Konrad
Betreff: AW: Nachfrage

Grundsätzlich gut. Das macht der ORF ja jetzt schon. Während der Flüchtlingskrise gab es mehrfach Beiträge über Fragen, die im Netz heftig diskutiert wurden: warum die Flüchtlinge etwa alle Smartphones besitzen? Oder wieviel Geld sie tatsachlich vom Staat bekommen – da sind ja die unglaublichsten Gerüchte durch die Welt gegeistert. Es ist halt immer eine schwierige Entscheidung: Wenn wir jedem Gerücht aus dem Netz nachrennen, geben wir dem auch ein breites Forum. Ein Forum, das dem Gerücht überhaupt nicht entspricht. Wir haben in Vor-Internet-Zeiten auch nicht jeden österreichischen Stammtisch übertragen – oder einen Faktencheck von Stammtisch-Gerüchten vorgenommen.

Ein Beispiel: Gestern ist das Gerücht herumgegeistert: Die Lohnsteuereinnahmen steigen auch 2016 um 5 Prozent. Und das, obwohl die Regierung eben die Lohnsteuer gesenkt hat. Klingt nach einer Aufreger-Gschicht. War allerdings vollkommen unlogisch, weil ja die Beschäftigung nicht so stark steigt. Nach einem Anruf im Finanzministerium war das Gerücht auch nicht mehr zu halten. Warum also sollen wir Falschmeldungen dementieren, die wir selbst nicht in die Welt gesetzt haben? Rund um die Griechenland-Krise sind ununterbrochen Gerüchte von Sozialmissbrauch in Griechenland auf uns eingeprasselt. Sehr oft waren die angeblichen Missbrauchsfalle nicht zu verifizieren oder schlichtweg erfunden. Ganz abgesehen davon gibt es überall Sozialmissbrauch, wo es soziale Leistungen gibt. Auf der anderen Seite haben sich Befürchtungen von manchen Wutbürgerinnen und Wutbürgern bewahrheitet: Griechenland wird die Kredite aus der Krise nicht zurückzahlen. Die Politiker/innen haben damals die Situation eindeutig geschont. Es ist schon die Aufgabe von erfahrenen Journalistinnen und Journalisten, Meldungen und Gerüchte sehr kritisch in Frage zu stellen, ganz gleich, von wem sie kommen.

Von: Konrad Mitschka
Gesendet: Donnerstag, 28. Jänner 2016 11:50
An: Christoph Varga
Betreff: AW: Nachfrage

Soll heißen:
Bürger/innen als Informationsquelle, das auch stark signalisieren, in Dialog treten, aber das Ergebnis wird dann von Journalistinnen und Journalisten gemacht, richtig? Letzte Nachfrage: Wie konnte da eine Öffnung aussehen? Also: Wie kann der ORF seine Ohren noch weiter aufsperren?

Von: Christoph Varga
Gesendet: Freitag, 29. Jänner 2016 13:23
An: Konrad Mitschka
Betreff: AW: Nachfrage

Ganz genau.
Was ich persönlich jetzt auch schon mache: Wenn Kritik an Berichterstattung kommt, rufe ich die Kritiker/innen persönlich an, soweit sie eine Nummer hinterlassen. Neulich hat mir ein – offensichtlich recht verzweifelter – Mann geschrieben, wie mühsam es ist, einen Job zu finden; selbst bei guter Qualifikation. Wir werden versuchen, seine Geschichte zu erzählen. Ich habe aber auch schon die Beobachtung gemacht, dass Mail-Schreiber/innen dann nicht mit ihrer Kritik oder ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit gehen wollen. Per Mail schimpft es sich halt leichter …
Die Aufgabe für den ORF muss auch in Zukunft sein, noch mehr mit dem Publikum in Kontakt zu treten – sowohl on als auch off air. Auch da passiert ja jetzt schon ganz viel – bei diversen Veranstaltungen in den Landesstudios, via Ö3, im künftigen Frühfernsehen oder ähnlichen Formaten, auch im Rahmen der Qualitätssicherung in den Publikumsgesprächen. Auch gibt es die Idee, einen ORF-Ombudsmann einzuführen, für Beschwerden, Gerüchte und Anwürfe. Wobei wir uns – wie gesagt – schon jetzt wirklich sehr bemühen, jede Mail, jedes Telefonat oder jeden Brief zu beantworten. Wir sind da sehr gewissenhaft. Mehr in Kontakt treten – das geht auch über die Schulen. Auch das haben wir in unserem Projekt: „ZiB macht Schule“ bereits sehr erfolgreich gemacht. Jetzt läuft ein Versuchsprojekt, in dem wir Schülerinnen und Schülern Feedback zu ihren Blogs geben – auch die frühere Schülerzeitung wandelt sich und ist mittlerweile digital und online und nicht mehr zwingend in gedruckter Ausgabe. Bei dieser Gelegenheit kann man den Schülerinnen und Schülern zeigen, was der ORF online alles anbietet: von [M]eins bis zur ZiB-Facebook-Seite. Ab Ende April dann die ZiB100 – die ZiB in 100 Sekunden fürs Smartphone. Also: Der ORF ist da sehr innovativ. Und wir werden diese Gelegenheiten auch nutzen, um den Schülerinnen und Schülern zu sagen, warum kritischer Journalismus wichtig ist. Ob auf Facebook, in Blogs oder eben in der ZiB.


Der Autor
Christoph Varga ist Leiter des Wirtschaftsressorts der ZiB. 2015 wurde er mit dem Axel-Corti-Preis ausgezeichnet.




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