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Auf zu neuen Ufern

Public Value Bericht 2015/16: Dr.in Christa Hofmann – ORF-Weltjournal



Jedes Mal das kurze Zögern, wenn mich die Bitte ereilt, ich möge doch etwas schreiben für den Public-Value-Bericht – nicht schon wieder zusätzliche Arbeit – und jedes Mal sage ich doch innerhalb weniger Sekunden zu. Bewusstsein zu schaffen für den Wert unabhängiger Berichterstattung, für die Qualität der ORF-Programme, für den Beitrag zu Demokratie und Solidarität, zu Bildung und Entwicklung, den öffentlich-rechtliches Radio und Fernsehen leisten, ist enorm wichtig. Denn all das ist nicht selbstverständlich – und das wissen meine Kolleginnen, Kollegen und ich beim Weltjournal und WELTjournal + besonders gut. Wie eingeschränkt und schwierig (kritischer) Journalismus in manchen Teilen der Welt ist und welche Auswirkungen das auf eine Gesellschaft hat, das sehen wir in unserer täglichen Arbeit.

Was bedeutet es (für uns), wenn ein Land wie Syrien in Schutt und Asche gelegt wird? Mit den Hunderttausenden Vertriebenen, die sich nach Europa aufgemacht haben, kommt die Welt zu uns. Die Flüchtlinge sind eine Realität, mit der wir umgehen müssen. Fundierte Information ist die Voraussetzung zur Meinungsbildung und zur Entscheidungsfindung auch für die Politik. Zu wissen, dass Syriens Nachbar Libanon gerade einmal so groß ist wie Kärnten und mehr als eine Million Flüchtlinge aufgenommen hat, relativiert einiges. Zu wissen, dass sich viele erst auf den Weg gemacht haben, nachdem Europa Hilfsgelder zur Versorgung gekürzt hat und Hungersnöte ausbrachen, ebenfalls.

Öffentlich-rechtlicher Qualitätsjournalismus hat die Aufgabe, in diesem Sinne Aufklärung zu leisten, Hintergrund, Erklärung und Analysen zu bieten – und das tun wir im Weltjournal jede Woche aufs Neue. Um gesellschaftlichen Wandel nicht als Bedrohung, sondern auch als Chance begreifen und entsprechend gestalten zu können, braucht es seriöse, zuverlässige, kompetente Information. Angst und Ablehnung entstehen oft aus Unwissenheit. Den Horizont erweitern, die Köpfe aufmachen für Unbekanntes ist eine demokratiepolitische Notwendigkeit.

Im Fall der Flüchtlinge heißt das: Je mehr wir über die Ursachen ihrer Flucht wissen, über Krieg und Verfolgung in ihren Heimatländern, über ihre Kultur und Sprache, ihre Hoffnungen und Träume – und je mehr sie über uns wissen, über unsere Kultur und Sprache, unsere Werte und Freiheiten, umso größer die Akzeptanz und die Bereitschaft zu einem sinn- und friedvollen Zusammenleben. Auch das ist eine Aufgabe öffentlich-rechtlicher Medienarbeit: nichts zu verschweigen, aber dennoch konstruktiv und lösungsorientiert zu berichten und zu einem gesellschaftlichem Ausgleich beizutragen. In diesem Sinne hier by the way eine Anregung, unsere ORF-Programme in den gängigsten Sprachen der Flüchtlinge untertiteln zu lassen: Arabisch, Farsi, Dari.

Die Welt ist in Bewegung und wir können und wollen uns nicht heraushalten. Im Weltjournal machen wir uns auf zu neuen Ufern. Wir zeigen die spannendsten gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen und internationale Trends, die für Österreich relevant sind, im Positiven wie im Negativen. Bildung und Wissen sind der Motor für Entwicklung. Der ORF als öffentlich-rechtlicher Dienstleister ist gefordert, diese Bildung und dieses Wissen zu vermitteln und Orientierung zu liefern in dieser komplexen Welt. Was bedeutet es (für uns), wenn ein rabiater Immobilien-Milliardär amerikanischer Präsident wird? Wie kommt es, dass ein armes Land wie Kuba eine geringere Kindersterblichkeit und eine höhere Lebenserwartung hat als die USA? Welche Folgen hat ein Grexit oder gar ein Brexit? Welche Folgen hat der Klimawandel auf unser Leben in Europa? Öffentlich-rechtliches Radio und TV sind Dienstleister, die in Dialog treten, sich für ihr Publikum aufmachen und Fragen wie diese mit dem Publikum diskutieren müssen – in interaktiven Programmen, in Diskussionssendungen, auf verschiedenen Plattformen. Erst diese Interaktivität macht den gesellschaftlichen Wert und den persönlichen Nutzen öffentlich-rechtlicher Medien spürbar.

Wir leben in einer Zeit des Wandels und des Umbruchs. Zuverlässige kompetente Information, spannend aufbereitet, ist für die Einzelne, den Einzelnen Service und Lebenshilfe im Alltag, für die Gesellschaft aber als Basis für konstruktiven Diskurs, Entscheidungsfindung und Entwicklung unabdingbar.

Die Autorin
Christa Hofmann leitet das Weltjournal und WELTjournal + .


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Thriller ohne Happy End, Christa Hofmann, WELTjournal abspielen
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Christa Hofmann, WELTjournal
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