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Schulsport im TV

MR Ing. Mag. Ewald Bauer, BMUKK


Der vorliegende Artikel befasst sich mit den Fragestellungen, welche Bedeutung die öffentlich-rechtlichen Medien für den Schulsport haben und wie das Medium Fernsehen aus Sicht des Schulsports diesen der Gesellschaft näher bringen kann.

Gerade an der aktuellen, sehr kontroversiell geführten Diskussion zur Einführung einer täglichen Turnstunde, welche nach dem schlechten Abschneiden unserer Olympioniken in London entfacht wurde, lässt sich die frappante gesellschaftliche Bedeutung des Schulsports deutlich ablesen. Der Konnex, der hier zwischen dem Schulsport und den „dürftigen“ olympischen Leistungen hergestellt wurde, erscheint weit hergeholt und mutet grotesk an, zeigt aber auch gleichzeitig das enorme Diskussionspotential, welches die Schule in sich birgt. Es scheint, als wäre eine schon lange, quer durch die Gesellschaft verlaufende latente Unzufriedenheit mit dem Tun der Schule vorhanden gewesen zu sein, welche nur auf einen Anlassfall wie Olympia gewartet hat, um sich breites Gehör zu verschaffen. Die Gründe dafür sind mannigfaltig, vielleicht aufgrund der ständigen Sportstundenkürzungen in den letzten Jahren bzw. der Schulautonomie und die damit verbundene Prioritätsverschiebung zu Lasten des Sportunterrichts an den Schulen. Nach Olympia hatte der Schulsport plötzlich enormes Medieninteresse, er wurde in seiner derzeitigen Form hinterfragt, durchleuchtet und von verschiedenen Institutionen leider auch instrumentalisiert.

Neben dieser Instrumentalisierung des Schulsports und dem daraus resultierenden populistischen Postulat der „täglichen Turnstunde“ gab es aber seitens des Österreichischen Rundfunks (ORF) eine für den Schulsport sehr erfreuliche Nachricht, das ORF Sport+ Schulsportmagazin „Schule bewegt“ wurde ins Leben gerufen.

Mit der Produktion des Schulsportmagazins hatte der Schulsport erstmals ein Sendeformat, das regelmäßig über Bewegungsaktivitäten in den Schulen berichteten. Der Schulsport bekam damit, trotz geringer Reichweite, eine mediale Bühne, die ihresgleichen suchte. Die Bedeutung sowie Verantwortung des Österreichischen Rundfunks in seiner Funktion als öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt kommt hier sehr deutlich zum Ausdruck, denn sie zeigt am Beispiel des Schulsports, wie groß die Abhängigkeiten solcher Institutionen von einer vielfältigen, einschaltquotenunabhängigen Berichterstattung sind. Würde man die (Schul-)Sportberichterstattung dem ausschließlichen Diktat der Profitabilität unterwerfen, wäre die Vielfalt und Breite der Sportthemen nicht mehr gewährleistet. Der Informations- und Bildungsauftrag darf sich in diesem Zusammenhang nicht an Marktanteilen orientieren, sondern muss gesellschaftlich bedeutende Themen aufgreifen und fördern, und da gehört der Schulsport, mit all seinen Facetten, die im nächsten Absatz erläutert werden, unweigerlich dazu.

Von eminenter Bedeutung für den Schulsport wäre, sofern sich die Möglichkeit der medialen Präsenz bietet, das Transportieren von schulsportrelevanten Botschaften. Auch die Abgrenzung zum Vereinssport erscheint sinnvoll, da hier doch deutliche Unterschiede bestehen. An dieser Stelle bietet sich die Veranschaulichung der Schulsportbundesmeisterschaften an, da diese auf Schulebene den sportlichen Vergleich bzw. Wettkampf auf „professionellster“ Schulsportebene darstellen und auch das „Schule bewegt“ Magazin viele Beiträge von Schulsportbundesmeisterschaften ausgestrahlt hat. Schulsportbundesmeisterschaften sollen in erster Linie ein positives Gemeinschaftserlebnis darstellen. Daher gibt es auch bei Einzelsportarten ausschließlich Teamwertungen, denn nur im Team kommt die Leistung aller zur Geltung und der Sport kann seine ihm nachgesagte Wirkung des „Brücken-Bauens“ entfalten. Die Betonung des Gemeinschaftserlebnisses setzt sich bei für alle Teilnehmer/innen verpflichtenden Programmpunkten, wie bei der Eröffnungsfeier, dem kulturellen Rahmenprogramm und der feierlichen Siegerehrung fort. Dass Fair Play, Fairness und Partnerschaft selbstverständlich sind, muss nicht weiter ausgeführt werden.

Hier bietet sich ein Anknüpfungspunkt, wie der öffentlich-rechtliche Auftrag hinsichtlich Schulsportberichterstattung optimiert werden könnte. Nach Analyse der bisher ausgestrahlten „Schule bewegt“ Magazine könnte die Botschaft „Gemeinschaftserlebnis“ und Freude an der Bewegung ohne Zeit- und Trainingsdruck deutlicher transportiert werden. Am Beispiel eines Imagevideos, welches die Schulsportbundesmeisterschaft als Ganzes in Zusammenschnitten von Eröffnungsfeier, Wettkämpfen, Rahmenprogramm, Siegerehrung und Interviews von Beginn bis Ende zeigt, ließe sich den Zuschauern die Schulsportphilosophie kurz und prägnant vermitteln. Eine weitere Möglichkeit, dem Schulsport und seinen Leistungen für die Gesellschaft Rechnung zu tragen, wäre die Berichterstattung von den Schulsportweltmeisterschaften der Internationalen Schulsportföderation (ISF). Auch die Berichterstattung über spezielle Schulsportaktivitäten und bewegungserzieherische Angebote könnte weiter forciert werden. Ein passendes Beispiel dafür war die „Schule bewegt“ Folge über das spezielle Leichtathletik-Angebot am BG Gänserndorf. Besonders diese Schulen, welche keine Sportmittelschulen, Sportgymnasien oder Leistungssportschulen sind, hätten sich diese mediale Bühne verdient. In diesem Zusammenhang wurde seitens des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur in Zusammenarbeit mit den Landesschulräten das Schulsportgütesiegel ins Leben gerufen. Die erstmalige Einführung des Schulsportgütesiegels für Schulen, welche dem Schulsport in vielen Facetten Rechnung tragen, wäre ebenfalls für einen Beitrag im „Schule bewegt“ Magazin prädestiniert, denn dieses Siegel ist wieder eine Initiative, die individuelles Engagement von Schulen für den Schulsport, entgegen eindimensionaler Medienberichte mancher Boulevardblätter, wertschätzt und honoriert.

Klar ist, dass dieser „Wunschzettel“ das Schulsports an den Österreichischen Rundfunk gerade vor dem Hintergrund drohender Budgetkürzungen und ausbleibender oder mangelnder Gebührenrefundierung ein wenig der Fantasterei gleichkommt. Visionen bedürfen Fantasterei, ungeachtet der vorliegenden Rahmenbedingungen. Mit der damaligen Einführung des Sport+ Kanals konnte der Österreichische Rundfunk ein breites Sportspektrum (Freizeitsport, Schulsport, Behindertensport etc.) neben der umfassenden Sportberichterstattung (Fußball, Ski Alpin, Formel 1 etc.) auf ORF 1 abdecken.

Ein sehr erfreuliches, positives Signal soll in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben: das ORF Sport+ Magazin „Schule bewegt“. Eine zeitgemäße Interpretation der öffentlich-rechtlichen Schulsportberichterstattung kann aus Sicht der gesellschaftspolitischen Verantwortung, die der Österreichische Rundfunk unweigerlich hat, nicht nur die Beibehaltung des bisherigen Spektrums der Berichterstattung sein, sondern muss den weiteren Ausbau und die Vertiefung (Beispiel Image - video) zum Ziel haben. Wenngleich damit unpopuläre Entscheidungen vielleicht auf Kosten anderer Sendungsformate getroffen werden müssen, kann der Österreichische Rundfunk sich seiner eminenten Bedeutung, als womöglich einzig verbleibende Medienplattform für den Schulsport, nicht entziehen.

Dieser Artikel ist in TEXTE 11 (2014) erschienen.


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