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Der Filmozean

Lilian Moschen, TV-Kulturredaktion


Der ORF produziert und zeigt Filme und Serien ohne Werbeunterbrechung. Und er berichtet über Neues aus der europäischen wie internationalen Filmwelt, so auch während der Ocar-Nächte. Kritischer Filmjournalismus kann im besten Sinn Spiegel der Gesellschaft sein.

„Es gibt keine Wellen, es gibt nur den Ozean.“ Mit diesem Zitat des französischen Filmemachers Claude Chabrol nahm Alfonso Cuarón heuer den Auslands-Oscar für „Roma“ entgegen und machte Zusehern weltweit bewusst, wie global und universell „Film“ ist. Film lässt uns nicht in Wellen oder Abgrenzungen denken, sondern vereint Kulturen und Nationen. Alle Geschichten, alle Genres sind Teil desselben Ozeans. Eine der Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Sender ist es, diesen filmischen Ozean zu beobachten und zu kommentieren. Ob Popcorn-Kino oder Arthouse, ob europäische oder amerikanische Produktionen, die Kinoberichterstattung des ORF versteht sich als Leuchtturm inmitten dieses manchmal unübersichtlichen kinematografischen Ozeans. Sie bietet Orientierung, Durchblick und Ausblick.
Während viele die Oscars oft nur als ein Schaulaufen der Eitelkeiten wahrnehmen, bei dem ausschließlich die schönsten Roben und fittesten Körper präsentiert werden, führt eine Oscar-Verleihung aber auch zu spannenden inhaltlichen Diskussionen: Wie verändern Streaminganbieter das Kino- und Filmbusiness? Wird Motion Capture die klassische Schauspielkunst ersetzen? Oder wie wird zur Zeit über Rassismus und Sexismus in Amerika nachgedacht und diskutiert? Kritisches Hinterfragen statt Hofberichterstattung. Argumente und Zusammenhänge statt Tipps, so lautet die Devise. Filmberichterstattung im öffentlich-rechtlichen Sinne schafft einen kulturellen und filmhistorischen Kontext, sie vermittelt Wissen und sie weckt Emotionen. Kritischer Filmjournalismus ist gerade im Zeitalter der allgegenwärtigen audiovisuellen Inhalte als Form der Reflexion von Gesellschaft und Politik essenziell. Als „Green Book“ heuer bei den Oscars als bester Film ausgezeichnet wurde, löste das in den USA eine Kritikwelle aus, da das Drama die damaligen Zustände der Rassentrennung vereinfacht und der Film ausschließlich von weißen Autoren geschrieben und von einem weißen Regisseur inszeniert wurde. Regielegende Spike Lee verließ aus Protest den Saal, während andere Kolleginnen und Kollegen kopfschüttelnd den Gewinner beklatschten. In diesem Moment treten die Kleider, der Celebrity-Gossip und das Fegefeuer der Eitelkeiten in den Hintergrund. Mit einem Mal war die entscheidende Frage: Was bedeutet dieser Sieg im Zusammenhang mit der aktuellen Rassismus-Debatte in Amerika? Und damit wurde der Oscar für „Green Book“ mit einem Mal der Beweis für frappante Nähe von Showbiz-Glitzer und gesellschaftspolitischen Diskurs. Und genau für diese Momente ist ein fundiertes, journalistisches Nachspüren zur richtigen Einordnung und für einen weiterführenden Kommentar unerlässlich.

Darüber hinaus aber leistet der Filmjournalismus im öffentlich-rechtlichen Rundfunk so viel mehr. Er spürt Jugendkultur nach, ohne zu werten, er stellt neue Technologien vor, ohne zu werben und ergründet gesellschaftliche Umbrüche ohne Propaganda. Damit ist die öffentlich-rechtliche Filmberichterstattung nicht nur ein veritables, journalistisches Asset im Sinne des Publikumsinteresses, sondern auch ein wertvoller Beitrag zur lebendigen Debatte über Kino, Unterhaltung und Kunst. Und damit ein integraler Baustein der kulturellen Vielfalt Europas. •


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