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Wissenschaft will erzählt werden

Armin Stadler, Radiowissenschaft

Transkription
Im Gegensatz zu Kollegen aus anderen Ressorts befinden sich Wissenschaftsjournalisten zumeist in einer komfortablen Ausgangslage. Die Neuigkeiten, über die wir informieren, haben tatsächlich mit Neuem zu tun. Ein nächster Planet außerhalb des Sonnensystems ist entdeckt, ein russischer Mathematiker hat endlich die Poincaré-Vermutung bewiesen, ein Quantencomputer kann jetzt immerhin schon 3 mit 5 multiplizieren. Aber kein Vor- ohne Nachteil. In unserem Fall sind es deren gleich zwei. In der Wissenschaft ist stets zu viel von diesem Neuen da, zudem folgt auf das Neue notorisch das noch Neuere, wie das Amen im Gebet. In dieser Litanei fühlen sich beide, der Wissenschaftsjournalist und sein Publikum, rasch wie die Maus vor der Schlange. Gleich wird einen die nächste größte Entdeckung schon wieder verschlingen. Schon orakelt man Teleportation, dabei haben wir kaum Einstein verdaut. Wenn die NASA morgen einen See auf dem Mars fände, wer würde die Augen davor verschließen? Aber das Beiläufigste am Fortschritt ist gerade die ewige Wiederkehr des Neuesten. So kratzt ein Journalismus, der Wissenschaft auch begreiflich machen will, nur an der Oberfläche seines Gegenstandes, solange er sich ausschließlich in der wehrlosen Vergötzung des Innovativen erschöpft. Sein Mehrwert, will mir scheinen, vermehrt sich gerade dort, wo die Meldepflicht des Neuen endet und die News wieder sich selbst überlassen werden könnten. Führt die Arbeit tiefer, erweist sich das Neue nur als die Spitze des Eisbergs. Unter dem Berichtenswerten taucht automatisch das Erzählungswürdige auf. Auch Wissenschaftsmeldungen wollen zu Geschichten gesponnen werden; noch immer die wirksamste Zauberformel, wie Astronomie, Quantenphysik oder Mathematik unter die Menschen kommen. Erst in diesen Erzählungen übersetzen sich die Resultate, Botschaften oder Versprechen der Wissenschaften in die konkreten Lebenswelten der Hörer und Hörerinnen. Wo aller Eros des Pädagogen nichts fruchtet, bewirkt die Lust des Erzählers umso mehr. Ein Hinhören auf Quantensprünge oder Genmutationen, die plötzlich so klingen, als hätten einem die Physiker oder Biologen ein großes Geheimnis über das eigene Leben mitzuteilen. Und aus bloßer Informiertheit entsteht so vielleicht jener Typus von Wissen, den die Politik mit dem Wort „Bildung“ beschwört. Wenn ich in den Ö1-Sendungen „Dimensionen“ und „Radiokolleg“ simultan zur privaten Neugier auch ein öffentliches Programm verfolge, dann ist es jenes: Wissenschaft zu erzählen. Beispielsweise in einer Geschichte mit dem Titel „NACH UNS – Über eine Erde ohne Menschen“.




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