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Margit Schuschou, Sprecherin der ORF-Redakteur/innen Unabhängigkeit - what else? Die Unabhängigkeit des ORF. Für meine 25-jährige Nichte klingt das altbacken. Niemand kann das mehr hören. Was soll das konkret bedeuten? Wie wirkt sie sich auf mein Alltagsleben aus? Die Unabhängigkeit des ORF.
Meine Nichte ist ein typischer Millennial, Mitglied der Generation Y, die Nachfrage-Generation, die viel in der Welt reist, wenig fern sieht und viel streamt.
Wie recht sie doch hat. Die Unabhängigkeit des ORF steht zwar groß auf dem Papier, nämlich in der Verfassung und im ORF-Gesetz.
Doch wie bringen wir ihre Wichtigkeit der Nachfolgegeneration näher? Nicht nur ihnen, sondern auch all jenen, die das Vertrauen in den Öffentlich-Rechtlichen verloren haben.

Apropos Vertrauen.
Vertrauen in die Wahrheit. Das ist es doch, was zählt. Wahrheitsgemäß berichten, heißt in erster Linie ausgewogen berichten - umschrieben oft mit objektiv berichten. Deshalb gehören Objektivität/Ausgewogenheit und Unabhängigkeit untrennbar zusammen.
Ich teile einen Beitrag auf Facebook leichter, wenn er vom Öffentlich-Rechtlichen kommt. Warum?

Armin Wolf interviewt Sebastian Kurz, das muss ich sehen! Warum?
Nach dem Scheitern der Bundesregierung gab es zahlreiche Sondersendungen und Berichte im ORF mit Rekordquoten. Warum?
Wir müssen dem Publikum vermitteln, dass es wichtig ist, keine Orban-Verhältnisse wie in Ungarn zu bekommen, wo seit Jahren sukzessive kritische Medien ausgeschaltet werden. Wo es nur mehr eine oder einige wenige Meinungen und Herangehensweisen an "Nachrichten" geben darf. Neben Verboten schaffen wirtschaftliche Abhängigkeiten und Einflüsse das am effizientesten, wenn auch nicht ganz so offen ("Wes Brot ich ess', des Lied ich sing.").
"Ich habe bis zum Schluss gedacht, dass es bei uns niemals so weit kommen kann", hat ein regierungskritischer Kollege aus dem Nachbarland unlängst auf einem Mediengipfel gesagt. Kommen kann das sehr schnell, so schnell wie Regierungen wechseln.
Die Unabhängigkeit des ORF. Ein geflügeltes Wort, das der Öffentlich-Rechtliche nicht zuletzt aufgrund einer kritischer gewordenen Öffentlichkeit mehr denn je versucht, mit Leben und Argumenten zu füllen.
Denn der ORF steht ständig unter politischem Beschuss. Es gibt für dieses Unternehmen kein Ausrasten, kein Schwimmen in ruhigen Gewässern.
Die Schimpfworte "Zwangsgebühren" und "Staatsfunk" sind ständige Begleiter. Staatsfunk gab es während der NS-Zeit, als die Medien gleichgeschaltet wurden. Staatsfunk ist ein Sender in einem autoritär geführten Land, dessen Regierung nur die eigene Propaganda im Fokus hat. Österreich ist nicht autoritär regiert, sondern immer noch demokratisch und der Rundfunkbeitrag soll Staatsferne sprich Nichteinmischung des Staates garantieren.
Der Eindruck der ORF-Kritiker wird zusätzlich befeuert durch Personalentscheidungen, denen parteipolitische Motive unterstellt werden. Sowohl in der Wiener Zentrale als auch in den Landesstudios. Man muss nichts schönreden.
Auch die Landesstudios müssen ständig ihre Unabhängigkeit verteidigen. "Bundeland heute" zählt mit täglich fast zwei Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern zu den meistgesehenen Sendungen des ORF. Der Umstand, dass es seit Jahren punktuell als "Landeshauptmann TV" bezeichnet wird, ändert daran nichts. Es gibt je nach Bundesland eine unterschiedliche Handhabe wie oft und in welcher Funktion die Landeshauptleute vorkommen.
Nichtsdestotrotz definieren die Landesstudios ihren öffentlich-rechtlichen Auftrag täglich aufs Neue.

Kolleginnen und Kollegen in den Bundesländern sind an Ort und Stelle, wenn es darum geht, die Bevölkerung in Krisensituationen schnell zu informieren. Bedingt durch die Lage mitten in den Alpen gibt es beinahe jedes Jahr extreme Naturereignisse. Dörfer werden vermurt, Täler sind von der Außenwelt abgeschnitten. Erinnern wir uns an die Überschwemmungen in Osttirol und Kärnten vergangenen November, an das Hochwasser in Oberösterreich 2013, aber auch an die Flüchtlingstragödie 2015 auf der Autobahn bei Parndorf im Burgenland.
Doch Landesstudios sind nicht nur auf die prompte Berichterstattung über das Chronikale zu reduzieren. Public Value wird ebenso durch regionale Formate angepriesen. Die Bundesländerschwerpunkte zum Gedenken an den Ausbruch des 1. Weltkriegs oder aktuell heuer im Mai "75 Jahre Befreiung". In Tirol sind die Beiträge zudem über das Schulportal LEO für den Unterricht verfügbar.
Auch das Frühformat "Guten Morgen Österreich" ist regionales Fernsehen. Von den Menschen wahrgenommen als: "Der ORF kommt zu mir nach Hause ins Dorf." Was die Menschen dort beschäftigt, greift das Fernsehen auf. Das empfinden sie als Ausdruck der Wertschätzung und fühlen sich vom ORF "gesehen". Wenngleich fehlende personelle Ausstattung, schlechte Produktionsbedingungen und weitere finanzielle Einsparungen im Hintergrund auf einem anderen Blatt Papier stehen. Die Kollegen und Kolleginnen aus ganz Österreich geben bei dieser Sendung alles, trotz des Spardrucks der übrigens auch auf den Landesstudios schwer lastet.
Aber auch hier gilt, Landesstudios sind nicht nur auf das Liefern schöner Bilder zu reduzieren, auf Beiträge über Dirndl- und Lederhosenmentalität, Brauchtum, Jahrmarktgaudi und Musikkapellentreffen.

Es geht darum, Land und Leute samt ihren Sorgen und Nöte abzubilden. Wir leben in einem labilen und sensiblen Alpenraum mit vielen Umweltgefahren. Teurer Grund und Boden und damit einhergehende hohe Mietpreise führen zur Landflucht. Speziell Tirol hat mit einer hohen Verkehrs- und Transitbelastung zu leben.
Gerade im Regionalen und auf lokaler Ebene, wo es keine große Medienvielfalt gibt, haben die Landesstudios eine essentielle Funktion. Nämlich jene, die Wirklichkeiten zu zeigen, die sonst untergehen. Entweder weil es aufgrund der Kleinteiligkeit überhaupt keine Medien gibt, die bestimmte Themen/Geschichten aufnehmen oder nur solche, die aufgrund von Marktmacht oder wirtschaftlichen Verstrickungen nur eine Seite der Medaille zeigen.
Siehe in stark tourismusgeprägten Tälern: Tourismus als Wirtschaftsfaktor versus Umweltzerstörung. Es ist eine große Aufgabe für den ORF und seine Landesstudios, hier einen ausgewogenen, seriösen Blick auf die Wirklichkeit direkt vor der Haustür zu werfen, abseits von Facebook-Gruppen und lokalen Gratiszeitungen.
Tirol ist auch Teil der Euregio. Der länderübergreifenden Europaregion Tirol, Südtirol, Trentino mit rund 1,6 Millionen Menschen.
Was leider in der Public-Value Debatte untergeht ist die Sendung "Südtirol heute", die doch täglich 100.000 Menschen sehen und die es seit 20 Jahren gibt. Im Fokus steht das Bewahren der gemeinsamen Identität, der gemeinsamen Kultur und Sprache. Der ORF trägt mit diesem grenzüberschreitenden Nachrichtenmagazin einen wichtigen Teil dazu bei.
Die Redaktion in Bozen produziert zusätzlich Beiträge sowie Dokumentationen für 3Sat und Erlebnis Österreich. Vergangenen November wurde die regelmäßige Berichterstattung auch auf die Nachbarregion Trentino ausgeweitet. Damit wird "Südtirol heute" zurecht als ein einzigartiges und vorzeigbares europäisches Medienmodell gesehen.

Apropos Identität.
Die Landesstudios stärken die kulturelle Identität. Der ORF muss sich nicht der allgemeinen Globalisierung in der Medienwelt unterwerfen. Sonst werden die Angebote verwechselbar.
Die Menschen vertrauen dem Radio ("Der Radio hat das gesagt."), sie vertrauen Sendungen wie "Zeit im Bild", "Bundesland heute" und vielen anderen. Sie vertrauen ORF Online. Vor allem in der digitalen Welt braucht es den Öffentlich-Rechtlichen zur Orientierung und zur Information. In einer Zeit, in der andere Medien ihre Inhalte verschlüsseln, sind die hochwertigen journalistischen Produkte des ORF allen zugänglich.
Auch meine Nichte, die wenig fernsieht und viel streamt, weiß das sehr zu schätzen.


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