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Christian Braun-Staudinger, Chefredakteur ORF.at Wunsch und Wirklichkeit Die begeisterten Leser/innen dieses periodischen Druckwerks wissen über die Aufgaben und Möglichkeiten des ORF-Players gut Bescheid, zur Sicherheit eine kurze Wiederholung: Er soll das Angebot eines analogen und linearen Rundfunks in eine zeitunabhängige, digitale und vor allem übersichtliche Plattform transformieren, die auf absehbare Zeit parallel zu den linearen Fernseh- und Radioangeboten bestehen wird. "Online first" soll die Regel sein und nicht die Ausnahme und auch "online only" darf nicht fehlen: Mit neuen, für digitale Kanäle konzipierten, öffentlich-rechtlichen Formaten sollen junge Menschen erreicht werden, die sich ihre Informationen derzeit auf anderen Kanälen besorgen. Dafür braucht es eine neue Art Geschichten zu erzählen und ganz generell einen Kulturwechsel innerhalb des ORF.

Aber der ORF-Player ist und kann immer nur so gut sein, wie es das Gesetz erlaubt und genau da liegt derzeit der Haken. Wenn ich mich im Freundes- und Bekanntenkreis, außerhalb und innerhalb der Journalist/innen-Bubble umhöre, welche Erwartungen an den Player gestellt werden, dann decken sich die sehr oft mit den oben beschriebenen Vorstellungen, garniert noch mit dem Wunsch, alle Sportereignisse und Spielfilme jederzeit abrufen zu können und ein digitaler Zugang ins ORF-Archiv, mit Zugriff auf alles je im ORF gezeigte, wäre auch noch fein. Und hinter "Newsroom", also dem Nachrichtenkanal des ORF-Players, wird ein 24 Stunden Newsprogramm erwartet.

Aber darf er denn das, der Player?

Um es gleich vorweg zu nehmen, nein, das darf er nicht, der Player! Wie etwa beim "Newsroom" des Players deutlich wird.

(Wenn Sie ein grober Überblick über die gesetzlichen Vorgaben des Players interessiert, lesen sie bitte weiter, wenn nicht, gehen Sie bitte direkt zu "").

"Online only"-Inhalte dürfen wir momentan nur nach einer erfolgreich absolvierten Auftragsvorprüfung publizieren. In einem aufwändigen juristischen Verfahren muss der ORF den Public Value eines neuen oder geänderten Online-Angebots argumentieren. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung können etliche Jahre ins Land ziehen - und dann würde man das neue Angebot vielleicht schon ganz anders strukturieren als ursprünglich beantragt.
Der aktuelle Rahmen erlaubt uns im Nachrichtenbereich keine "Online only"-Videos, also Beiträge, Livestreams, eigene Kanäle oder Sendungsformate, die keinen Zusammenhang mit einer Sendung im linearen TV, Radio oder der Textberichterstattung auf ORF.at haben, sind tabu - mit einer Ausnahme: Seit Anfang 2020 dürfen wir "Online Kurznachrichtensendungen" in der TVthek und "anderen ORF-Angeboten" bereitstellen, die nicht linear ausgestrahlt werden müssen. Darunter fallen die ZIB100 und die Bundesland-heute-Kompakt-Sendungen.

Das ist nicht Nichts, aber von einem 24-Stunden Nachrichten-Kanal ist der "Newsroom" damit sehr weit entfernt. Darüber hinaus dürfen wir im "Newsroom", News-Beiträge oder News-Livestreams zeigen, die im linearen TV ausgestrahlt wurden - und ab da wird's kniffliger:

Alles weitere läuft unter dem Begriff "Sendungsbegleitung": Das sind zum Beispiel ungeschnittene Langfassungen von Interviews und Livestreams von Pressekonferenzen, über die es einen Beitrag in einer der ORF-Informationssendungen gibt und die auch in der TVthek gezeigt werden.

Dazu kommen noch Videos, die "ergänzende audiovisuelle Elemente" in der Überblickberichterstattung sind. Wenn wir also für eine Story auf ORF.at zusätzlich ein Video produzieren und einbinden, darf das auch im "Newsroom" zu sehen sein, allerdings nicht zu oft, denn Beiträge, die als Sendungsbegleitung nur im "Newsroom", oder auf ORF.at und nicht in der TVThek ausgespielt werden, dürfen laut KommAustria nur "in einem geringeren Verhältnis" im Newsroom vorkommen, um zu verhindern, dass der Newsroom durch diese Hintertüre zu einem "online-only"-Produkt wird. Bei dieser Inhaltskategorie muss deutlich gekennzeichnet werden, auf welche Sendung (Titel, Sender, Ausstrahlungsdatum) sich das entsprechende Video bezieht, bei Videos von ORF.at setzen wir einen Link zum Beitrag. Unter "Sendungsbegleitung" fallen noch "internationale audiovisuelle Beiträge", also in erster Linie Agentur-Rohmaterial, das in Info-Beiträgen kurz verwendet wurde und deren Langfassung im Newsroom gezeigt werden kann.

Bei allen Inhalten die sendungsbegleitend im "Newsroom" aufscheinen, ist auch noch die Verhältnismäßigkeit zu beachten: Ein mehrstündiger Livestream eines Ereignisses im "Newsroom" des Players, aus dem am Abend 20 Sekunden in einem ZIB-Beitrag vorkommen, wird nicht als Sendungsbegleitung durchgehen, die 20-Minuten-Langfassung eines Interviews, das im TV auf sieben Minuten geschnitten wurde, wird kein Problem sein und für Videos von ORF.at gilt: Ein langes Video braucht auch einen langen Text. Eine weitere Beschränkung ist, dass wir insgesamt nicht mehr als 60 Videos gleichzeitig im Newsroom bereitstellen dürfen.


So genau hätten Sie es gar nicht wissen müssen, werden Sie jetzt möglicherweise denken und das kann ich gut verstehen. Mir war nur wichtig aufzuzeigen, dass die Mitarbeiter/innen des Players eine ganze Menge zu beachten haben und dass wir aufgrund der gesetzlichen Lage noch ein gutes Stück von dem entfernt sind, was sich (meiner Erfahrung nach) unser Publikum vom Player erhofft. Denn für Menschen, die sich noch nie den Kopf über Digitalisierung und Rechtemanagement zerbrechen mussten, aber YouTube, amazon-prime, Netflix und Co. gut kennen, ist diese Erwartungshaltung durchaus verständlich, sie zeigt aber auch, wie wichtig die begleitende Kommunikation sein wird.

Was kann der Player jetzt schon bieten?
In erster Linie wird er uns zusammenrücken lassen und das ist gut so! Sowohl innerhalb des ORF, aber auch mit unserem Publikum, für das der Player in einem ersten Schritt für mehr Übersichtlichkeit und eine bessere On-Demand Verfügbarkeit unserer (meist noch) traditionell produzierten Inhalte sorgt. Denn über Userbefragungen können wir sehr schnell (im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten) auf Nutzerbedürfnisse eingehen und wir können Transparenz forcieren, Stichwort Interviews und Agenturmaterial in der Langfassung zeigen.

Innerhalb des ORF wird der Player für ein Zusammenrücken der Redaktionen sorgen, nicht nur physisch im "Multimedialen Newsroom", sondern auch in den Köpfen. Je mehr Mitarbeiter/innen neben ihren Beiträgen auch an den Player denken, desto erfolgreicher wird er. Das zeigt sich etwa beim Thema Interview. Es ist, sowohl bei der Interview- als auch bei der Kameraführung, deutlich mehr Aufwand ein fünf- bis zehnminütiges Interview so zu führen, dass es auch in der vollen Länge gezeigt werden kann. Uns ist klar, dass das nicht immer gelingen wird, aber je öfter es gelingt, umso besser für den Player.

Und wir werden auch technisch zusammenrücken, sowohl Online, Fernsehen und Radio, als auch die Landesstudios mit der Zentrale am Küniglberg. Wir brauchen Systeme, die einander "verstehen", die Metadaten übernehmen und mühsame "Workarounds" beenden. Auch das wird nicht über Nacht gehen - aber der Player wird ein guter Grund sein, dass voranzutreiben. In diesem Sinne: Legen wir gemeinsam los und erfüllen das Projekt mit Leben, aber achten wir auch darauf, die Erwartungen des Publikums nicht zu hoch zu schrauben, denn der Player kann immer nur so gut sein, wie er auch sein darf.