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Gerald Heidegger Kultur – Ideen treiben den Wandel Würde man das Phrasenschweinchen immer noch füllen mit den Schlagworten zum übergreifenden Plattformjournalismus, auf den man sich im digitalen Zeitalter einstellen müsse, das arme Schweinchen wäre schon längst geplatzt. Wie in vielen Medienhäusern ist der Abschied vom "Run-Down"-Denken, dem Hinarbeiten auf ein Sendegefäß, auch für den ORF Auftrag. Und bekanntlich ändert man Unternehmenskulturen nicht auf dem Reißbrett und auch nicht in "Change-Seminaren", die sich neben dem gegenseitigen Kennenlernen schon auch mal in Formen angewandten Resilienztrainings zum Erhalt bekannter Welten entwickeln können.

In der Gegenwart kommt man am besten mit Produkten an, die eine etablierte Stärke des Medienhauses nutzen - und diese Stärke in einen neuen Zeit- und Produktionsabschnitt zu tragen vermögen. Der ORF hat mit der "Blauen Seite" weltweit eines der führenden Nachrichtenmedien im Online-Bereich etablieren können, das die Erwartungen des Publikums nach verlässlichen Nachrichten ebenso zu decken vermag, wie den Hang, etwas Neues, Unerwartetes im Themenportfolio aufspüren zu können. An diese Stärke des Entdeckens, altmodisch gesprochen: die gewitzte Zeitgenossenschaft, möchte Topos einerseits anknüpfen. Andererseits will Topos verknüpfen. Die Debatte um die Zeitungsähnlichkeit der Blauen Seite, wie immer man zu ihr stehen mag, legt ja eine Frage mit offen: Wie sehr ist der ORF denn in der Lage, seine Standbeine in den Bereichen Bewegtbild, Audio und Online (Text) auf einer Plattform erfolgreich zu verknüpfen? Und damit noch mehr die Wiedererkennbarkeit seiner Kernkompetenzen gegenüber einer Welt andersgestalteter Medien zu forcieren.

In den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Religion versucht Topos diese Verknüpfung herzustellen - und auch zu belegen, dass der ORF seine Erzählformen erfolgreich in ein Medium oder auf eine Plattform zu überführen weiß, in der die Situation der Nutzer und Nutzerinnen der entscheidende Anknüpfungspunkt für den Erfolg und die Wirkung sind. Hat man vor dem Smartphone die Medienwelt noch bequem in Medien, die lean back (TV) und lean forward (Online) sind, unterteilen können, so hat das Smartphone die jeweilige Situation als Maßeinheit bzw. Währung des Medienmachens gemacht. Und lean back oder forward kann ich mittlerweile mit ein und demselbem Gerät erzeugen. Mal ist das Zeitbudget knapp und man skippt eher über einen Text, mal ist das Zeitbudget größer, und man sieht sich ein Video oder hört sich einen Podcast an. Mal ist man in der ganz richtigen Situation: und steigt mit Topos live ins Kulturgeschehen ein. Etwa, dass man in die Oper geht, obwohl man dem konkreten Gebäude ganz fern ist. Die Aufgabe dabei lautet dann nicht: Ein möglichst gutes Surrogat zu erzeugen. Die Aufgabe ist: Das Rundherum eines Ereignisses mit Wissen und Entdeckungen neu aufzuladen. Das ist auch öffentlich-rechtlich im besten Sinne. Die Verschaltung unterschiedlicher Medienelemente zu einer Rich Media Story auf Topos lautet demgemäß auch nicht: ein Thema durch zwei oder drei Medienformen zu treiben. Vielmehr geht es darum, Medienelemente als Ergänzungen zu denken, die sich alle um ein Thema drehen. Denn es ist die Themenidee, die eine Story treibt - und die Aufteilung der Aspekte eines Themas auf unterschiedliche Anwendungen, hier Text, da Video, da Audio oder Livestream macht die Vielfalt des einzelnen Angebots aus. Und je nach Situation weiß ich das Angebot unterschiedlich zu nutzen. So featurten wir auf Topos zuletzt "Le Nozze di Figaro" als Live-Event gemeinsam mit Ö1 aus der Staatsoper.

Zugleich präsentierten wir es aber als eine Kulturgeschichte eines der erfolgreichsten Stoffe, an denen die Transformation von Gesellschaft sichtbar wurde. Und wir präsentierten es, durch die konkrete Regiearbeit Barrie Koskys, als eine Oper, die eigentlich so aufgebaut ist wie eine Netflix-Serie. Die Idee, eine Oper nicht mehr über vier Akte, sondern über zehn Miniepisoden sichtbar zu machen, könnte wiederum Trigger für ein tatsächlich neues Format sein. Und warum mal nicht über die Oper Eroberung, Eifersucht und Eitelkeit präsentieren wie in einer digitalen Telenovela? Die Idee ist das Zugpferd der Transformation. Die Medien die Vehikel, um unser Publikum bestmöglich zu erreichen. Topos mag man als Produkt sehen, das einen klaren Auftrag in den Bereichen Kultur, Religion, Wissenschaft und Gesellschaft hat. Vielmehr ist Topos aber ein Prozess und Gradmesser, der anzeigt, wo wir uns ändern und unsere Systeme anpassen müssen. Kurz: Topos ist die digitale Medienfrage in Gestalt, um ein altes Zitat von Carl Schmitt einmal positiv zu wenden.

Zahlen, Daten und Fakten zur Leistungskategorie Kultur, finden Sie im Datenteil des Public Value Berichts 2022/2023.