Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Litauen (LRT) fürchtet um seine Unabhängigkeit. Grund dafür ist eine Forderung des litauischen Parlaments (Seimas). Demnach sollen die
Amtszeiten der LRT-Vorstandsmitglieder künftig gleich lange dauern wie jene der Parlamentsabgeordneten. Bisher waren die Amtszeiten bewusst unabhängig von den Legislaturperioden, um politischen Einfluss zu vermeiden. Der Vorschlag ziele klar auf eine politische Ausrichtung des Vorstandes ab, sagt der litauische Medienwissenschafter Andrius Vaišnys.
Ausgangspunkt war eine
Untersuchung des litauischen Rundfunks durch das Parlament, bei der man Mängel im Management von LRT feststellte. Das derzeitige Führungsgremium führe zu viele Funktionen aus und habe dadurch zu viel Macht. Deshalb solle ein neuer Vorstand gegründet werden, dessen Mitglieder dann jeweils gleich lange im Amt sind wie die Abgeordneten im Parlament.
Für die Generaldirektorin von LRT, Monika Garbačiauskaitė-Budrienė, gibt es zwar Verbesserungspotenzial. Der Vorschlag, der nun am Tisch liegt, löse aber keine Probleme. Das Parlament wolle lediglich unter dem Vorwand der Effizienz und Transparenz politischen Einfluss auf LRT erlangen,
warnt sie.
Sie wandte sich daher in einem
Brief an die EBU, den Dachverband der europäischen Rundfunkanstalten. Nicht nur die Freiheit von LRT, Pressefreiheit und Demokratie allgemein seien vom Vorschlag des Parlaments betroffen, schreibt sie darin. Auch das Management von LRT appellierte an das Parlament, die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu wahren. EBU-Generaldirektor Noel Curran
warnte eindrücklich vor der geplanten Maßnahme. Die Erfahrung in Europa habe gezeigt, dass durch solche Eingriffe der politische Einfluss auf Rundfunkanstalten größer wird.
Journalist/innen auf den Straßen
Schon zuvor sahen Journalist/innen in Litauen die
Medienfreiheit in Gefahr. Mitte September hatte das staatliche Unternehmensregister beschlossen, Journalist/innen ab sofort keine Daten mehr kostenlos zur Verfügung zu stellen, wie dies jahrelang der Fall war. Den Journalist/innen wäre es damit erheblich erschwert worden, an Informationen zu gelangen. Zudem sorgte ein vernichtetes Tonband für Aufruhr, auf dem sich Regierungschef Saulius Skvernelis kritisch über freie Medien geäußert haben soll. Die Folge: Journalist/innen gingen für die Pressefreiheit auf die Straßen.
Vergangenen Mittwoch aber lenkte die Regierung ein und
beschloss: Journalist/innen erhalten weiterhin kostenlosen Zugang zu den Informationen aus dem Unternehmensregister. Die Kosten von etwa 25.000 bis 30.000 im Monat Euro trägt bis auf Weiteres der Staat.
Mehr Informationen:
https://en.delfi.lt/lithuania/politics/m-garbaciauskaite-budriene-on-the-seimas-commission-investigation-the-conclusions-to-a-certain-extent-are-true-but-the-aspirations-of-parliamentarians-are-not-related-to-transparency.d?id=79305337
https://en.delfi.lt/lithuania/politics/seimas-probe-finds-lrt-council-has-too-many-functions-proposes-to-set-up-board.d?id=79223393
https://en.delfi.lt/lithuania/politics/concerned-about-its-independence-lithuanian-public-broadcaster-turns-to-ebu.d?id=79293069
https://en.delfi.lt/lithuania/politics/ebu-warns-lithuania-against-linking-lrt-supervisors-mandates-to-appointing-bodies-terms.d?id=79342217
https://de.euronews.com/2018/10/09/protest-in-litauen-journalisten-furchten-um-pressefreiheit
https://en.delfi.lt/lithuania/politics/government-decides-to-give-journalists-free-access-to-center-of-registers-info.d?id=79281143