Digital Global
next
next

DE | EN
DE | EN
Zurück zur Übersicht

Petra Gruber, Verantwortliche 3sat und arte #84 Europa: 3sat und arte als Vorreiter? 'Gutes Programm machen, das den Weg zum Publikum findet' - so definiert ZDF-Programmdirektor und 3sat-Chef Norbert Himmler die Herausforderung, vor der im Moment alle öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Europa stehen. Wir erleben derzeit die größten Veränderungen der Medienwelt seit Jahrzehnten. Klassisches lineares Fernsehen wird zusehends durch Streamingdienste und globale Plattformen abgelöst, das Publikum informiert sich mehr denn je auch über Social Media-Dienste. Unsere Zukunftsfähigkeit wird davon abhängen, wie es uns gelingt, vor allem auch jüngere NutzerInnen unter diesen veränderten Bedingungen zu erreichen und unsere Inhalte zu vermitteln - und zwar dort, wo sich das Publikum 'aufhält'. Der ORF befindet sich derzeit in einem umfassenden Transformationsprozess vom Public Service Broadcaster zur multimedialen Public Service Plattform. Solche Plattformen haben aber ganz eigene Gesetzmäßigkeiten. Nutzerfreundlichkeit, Bequemlichkeit und Bedienkomfort - an diesen Fronten wird die Schlacht geschlagen werden. Wer mehr als fünf Klicks braucht, um das gewünschte Programm aufzufinden, ist frustriert und weg. Zieht der Einstieg in einen Film, einen Clip oder eine Story nicht - auf zum nächsten! Die öffentlich-rechtlichen Anstalten können sich nicht mehr auf ihren 'main assets' wie Qualität, Glaubwürdigkeit, Analyse und Tiefgang ausruhen. Schon längst haben Global Player wie Amazon oder Netflix aufgeholt und die besten Kreativköpfe der Branche verpflichtet. Es wird hochqualitativ und punktgenau fürs Publikum produziert bei maximalem Bedienkomfort. Zu glauben, dass die Qualität der eigenen Programme noch ausreiche und man sich darauf verlassen könne, ist ein Trugschluss, der sich bitter rächen könnte. Jede Plattform hat ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten und bringt eigene Genres hervor. Es muss plattformgerecht produziert und usergerecht angeboten werden. Werden diese Gesetzmäßigkeiten nicht beachtet, gelingt es nicht, in den jeweiligen 'Vektoren' erfolgreich zu agieren. MitarbeiterInnen müssen speziell ausgebildet und laufend geschult werden - die neue (Social)-Media-Welt verändert sich rasant und was heute 'in' war, kann morgen schon wieder passé sein. Ebenso ist es ein Trugschluss zu glauben, dass die neuen Plattformen und Ausspielwege mit 'Nebenprodukten' der linearen Kanäle versorgt werden könnten - hier gilt es gezielt neue und eigene Teams aufzubauen, sonst wird der Anschluss verpasst. Multi-Channel-Strategien bzw. Hybrid-Strategien sind zahnlos, wenn die passenden Inhalte fehlen. Die öffentlich rechtlichen Anstalten werden sich künftig auch als attraktive Arbeitgeber für junge Kreativ-Talente positionieren müssen. Das Rad muss aber nicht komplett neu erfunden werden. Unsere internationalen Senderkooperationen mit 3sat und ARTE bieten schon jetzt die Chance, sich mit den Partnersendern zu verbünden und Synergien zu nutzen. Aufgrund der unterschiedlichen Gesetzeslage in anderen Ländern konnten dort schon früher als bei uns Innovationsschritte eingeleitet und Erfahrungen mit neuen Technologien und Verbreitungswegen gewonnen werden. Darauf kann der ORF aufbauen und mit seinen Partnersendern Kräfte bündeln. So können durch Zusammenschlüsse nicht nur größere und damit für das Publikum attraktivere Mediatheken entstehen, sondern eine neue 'European Public Sphere' als Gegengewicht zu den großen Global Playern.