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Elke Tschaikner, Leiterin Ö1-Musikredaktion #64 Welcher Gedanke ermöglicht Freiraum im Digitalen? Ö1 bleibt der größte Musikproduzent dieses Landes. Die Teams der ORF-Technik nehmen in enger Zusammenarbeit mit der Redaktion jedes Jahr hunderte Konzerte in ganz Österreich auf, um sie seinem breiten Publikum zugänglich zu machen, egal ob dieses Publikum via FM, via Live-Stream oder nachhörend via App mit dabei ist.

Innerhalb des ORF bilden alle Landesstudios mit Ö1 ein Kompetenznetzwerk, um das vielfältige, aktuelle Kulturleben für alle hörbar zu machen. Egal ob in Wien im Konzerthaus, im Wiener Radiokulturhaus, in der Staatsoper, im Jazzclub Porgy&Bess; bei den Salzburger Festspielen, der Schubertiade in Schwarzenberg, beim Kremser Weltmusikfestival glatt&verkehrt, im Stadttheater Klagenfurt, im Linzer Brucknerhaus, bei den Innsbrucker Festwochen für Alte Musik, beim ORF Festival für zeitgenössische Musik "musikprotokoll" in Graz oder beim Kammermusikfest im burgenländischen Lockenhaus.

Das letzte Jahr war für die Konzert- und Veranstaltungskultur eines, das sich niemand von uns hätte vorstellen können. In diesem Jahr war uns - der Ö1 Musikabteilung - unsere zentrale Kernaufgabe noch präsenter und bewusster als in "normalen" Jahren: Musikaufnahmen in ganz Österreich zu produzieren, neue Musik möglich zu machen, Konzertveranstalter und Musikschaffende zu unterstützen, indem Veranstaltungen von unserer ORF Technik aufgezeichnet und gesendet werden. Unserem Publikum das Musikgeschehen im hier und heute in bester Qualität zugänglich zu machen.
Wo auch immer es ging, wurde von Ö1 produziert, live übertragen, gestreamt, aufgenommen. Mit Saalpublikum, mit reduziertem Publikum, vor leeren Zuschauerräumen.
Ö1 gab und gibt der Musik Räume.

Die Zimmer, in denen unsere Produktionen gehört werden, befinden sich nicht nur in Österreich sondern in ganz Europa und mitunter in der ganzen Welt. Ö1 ist Teil der European Broadcasting Union (EBU), einer Vereinigung öffentlich-rechtlicher Sender, die alle das Konzertgeschehen Ihrer Länder dokumentieren und die hochwertigen Aufnahmen in einer Art riesiger EBU-Konzerttauschbörse füreinander zugänglich machen. 62 Sender in Europa, Israel und der Türkei sind EBU-Mitglieder, 15 Sender in Australien, Brasilien, China, Kanada, Korea und den USA beispielsweise sind sogenannte "assoziierte" Mitglieder der EBU-Musikwelt.
Jedes Jahr bietet Ö1 der EBU seine großartigen Konzert- und Opernaufnahmen an. Das Senden der Aufnahmen (via Radio und Internet) ist für alle EBU Mitglieder kostenlos. Besonders fleißig ist dabei immer die große BBC, der ORF ist mit Ö1 in diesem internationalen Ranking meist an zweiter oder dritter Stelle, was die Menge der zur Verfügung gestellten Konzertaufnahmen anbelangt.
Und auch im Jahr 2020 kam der Austausch nicht zum Stillstand, im Gegenteil: Ö1 hat 159 aktuelle, im Jahr 2020 entstandene Konzertaufnahmen den anderen Sendern via EBU angeboten: 142 Konzerte von verschiedenen Veranstaltern und 17 Opernaufnahmen aus der Wiener Staatsoper, dem Theater an der Wien und von den Salzburger Festspielen. Diese Aufnahmen wurden via EBU 1.220 Mal bestellt und insgesamt 601 Mal in der ganzen Welt ausgestrahlt. Das sind ca. 16.000 Sendeminuten.
Wie groß das weltweit erreichbare Publikum ist, lässt sich am besten anhand eines Beispiels anschaulich machen: Die Ö1- Aufnahme der Oper Elektra bei den Salzburger Festspielen 2020 wurde von EBU-Mitgliedsendern bisher 18mal "bestellt" und gesendet. Das ergibt in diesem Fall (berechnet mit dem sogenannten "audience calculator" der EBU) knapp 139 Millionen potentielle Hörer/innen.

Netzwerke und Plattformen also sind es, die die Qualität von Ö1 immer schon mitgetragen haben. Und es war gleichzeitig stets der Gedanke eines intelligenten, unkommerziellen und unabhängigen Kuratierens, der die Stärke und Vielfalt dieses Mediums ausmacht. Kein Algorithmus kann je diese Qualität und Offenheit ersetzen.
Die öffentlich-rechtlichen Musikproduktion wird essenziell bleiben, unabhängig von Märkten, Moden, sich ändernden Technologien. In der technisch-digitalen Weiterentwicklung wird und soll die Qualität der ORF Aufnahmen weiterhin Maßstäbe setzen, Stichworte dabei sind beispielsweise binaurales Hören oder auch dynamisches Streaming, wie es 2020 beim ORF Festival musikprotokoll bereits vorgezeigt wurde.
Der nicht-kommerzielle Gedanke hinter unserem Tun ist es jedenfalls, der der Buntheit der jeweils zeitgenössischen Musikproduktion Ihren Freiraum auch im Digitalen geben kann und wird. Eine Aufgabe der Zukunft wird es sein, die Netzwerke und Plattformen, auf denen und mit denen Ö1 agiert, zu erweitern und damit den virtuellen Zuschauerraum für Österreichs Musikschaffende noch größer werden zu lassen.