Digital Us
next
next

DE | EN
DE | EN
Zurück zur Übersicht

Marin Alsop, Chefdirigentin ORF Radio-Symphonieorchester Wien #59 Wie nutzt ein Orchester die Digitalisierung? Auf den ersten Blick scheint ein Symphonieorchester gut ohne Digitalisierung auszukommen. Die Musikerinnen und Musiker spielen auf ihren Instrumenten, Klänge surfen auf unsichtbaren Wellen durch die Luft und erreichen die Ohren des Konzertpublikums.

Und doch bietet die Digitalisierung auch in der Klassik Möglichkeiten, die inzwischen von allen Orchestern intensiv genutzt werden. Das meint erstens die Ansprache eines weltweiten Publikums durch die diversen digitalen Kanäle. In einem klassischen Konzerthaus erreichen wir 2.000 BesucherInnen pro Abend (wenn uns nicht Corona dazwischenfunkt …), über die digitale Verwertung und über die sozialen Medien das Hundertfache. Konzertmitschnitte, Musikaufnahmen, Präsentationen unserer MusikerInnen, Interviews mit Komponistinnen und Solisten - all diese Formate, ob sie nun 20 Sekunden oder 2 Stunden dauern, werden mit digitaler Technik produziert, präsentiert und verbreitet. Wenn wir die Möglichkeiten des digitalen Dialoges voll ausschöpfen, können wir das Publikum auch an unserer Arbeit teilhaben lassen und unseren Zuhörerinnen und Zuhörern das Gefühl vermitteln, dass sie ein Teil des Orchesters sind.

Ein Radio-Symphonieorchester kann und muss zweitens die Mittel nutzen, die einem Medienunternehmen zur Verfügung stehen. Indem das Symphonieorchester des ORF dessen Infrastruktur aufgreift, repräsentiert es auch in den sozialen Medien den neuesten Stand der (digitalen) Aufnahme- und Ausspieltechnik. Am Ende wird das Orchester an der hohen Professionalität seines Senders gemessen.
Schließlich greift auch die Musik selbst die Digitalisierung auf. Komponistinnen und Komponisten auf der ganzen Welt nutzen die digitalen Möglichkeiten, und zwar nicht nur durch Notenschreibprogramme, sondern auch dort, wo digitale Prozesse die Kunst des Komponierens selbst beeinflussen.

Bei all dem wollen wir nicht vergessen: Der Zauber der Musik offenbart sich am besten in der persönlichen Begegnung von Orchester und Publikum. Die Digitalisierung kann die Lust auf diesen Zauber verstärken, sie kann ihm neue Facetten abgewinnen, aber sie kann ihn nicht ersetzen. Der schönste Erlebnisraum der Musik ist das Live-Konzert.