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© ORF/Hubert Mican

Wenn das Tatort-Team kommt

ECO - Wertschöpfung durch den ORF

Transkription
Polizeieinsatz im steirischen Mautern, aber Gott sei Dank nur für die Kameras. Die Bewohner des Ortes genießen das Spektakel erste Reihe fußfrei. Gerade wird hier die neueste Folge der neuen Tatort-Reihe gedreht. Die Tatort-Folgen sind auch im ORF-Fernsehen seit Jahrzehnten ein Publikumshit. Darsteller wie Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser sind weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannt. Auch von deutschen Zusehern werden die ORF-Tatorte besonders geschätzt. (Harald Krassnitzer): „Wir haben jetzt den Grimme-Preis bekommen, weil wir als eines der besten Tatort-Teams im deutschsprachigen Raum gelten. Und das ist eine Anerkennung die ist für das Unternehmen von großem Wert und das ist für uns von großem Wert. Das heißt wir geben dort eine Visitenkarte ab. Der Tatort ist für die heimische Filmwirtschaft und für den ORF nicht nur in künstlerischer Hinsicht eine Visitenkarte, er gilt auch wirtschaftlich und organisatorisch als Vorzeigeprojekt. Regisseur Harald Sicheritz dirigiert 20 Schauspieler, eine vierzigköpfige Crew und bis zu 200 Komparsen. Die Dreharbeiten dauern 22 Tage, dann braucht es noch Wochen für Schnitt und Nachbearbeitung Filmproduzent Dieter Pochlatko muss die Kosten stets im Auge behalten, der Aufwand für eine Tatort-Folge ist groß und die Ausgaben ebenfalls. „Die Faustregel ist, dass wir pro Drehtag grundsätzlich setzen wir zwischen 25.000 und 35.000 Euro um. Da sind die Gagen drin, die Diäten und die Hotels und natürlich alles.“ Ein Tatortbudget reicht von 1,4 Millionen Euro in Österreich bis zu drei Millionen Euro in Deutschland. Der Großteil des aktuellen Tatorts wird vom ORF finanziert, etwa 10 Prozent kommen vom Land Steiermark. Gerade erste feierte man zehn Jahre Cinestyria, die steirische Filmförderung. Die Filmwirtschaft profitiert seither von bis zu zwei Millionen Förder-Euros jährlich. Freilich: Die Steirer fördern die Filmproduktion nicht nur aus reiner Herzlichkeit, sie haben damit auch ein Instrument zur Ankurbelung des Fremdenverkehrs geschaffen. Die regionale Identität und die schönen Landschaften wurden dank zahlreicher Film- und TV-Produktionen erfolgreich in die ganze Welt getragen. „Das hat sich für uns ausgezahlt, im wahrsten Sinne des Wortes. Wir haben in etwa zehn Millionen Förderungen für mehr als 200 Projekte hier investiert und damit mehr als 150 Millionen Wirtschaftsaufkommen ausgelöst. Und wir sehen es an den Zahlen, an den Tourismuszahlen, dass in den betroffenen gebieten die Zahlen einfach in die Höhe gegangen sind, stärker gestiegen sind als sonst wo.“ Auch in der Tourismusstadt Wien hat man längst erkannt, dass Präsenz in Film und Fernsehen die Kassen klingeln lässt. Die Urlaubsgäste fahren in jene Orte, die sie durch Film und Fernsehen kennengelernt haben. „Das eine ist ohne das andere nicht vorstellbar. Wir leben international global in einem Wettbewerb der Bilder und gerade in dem Bereich gilt besonders: ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Wir sehen in den letzten Jahren die deutliche Zunahme der Bedeutung von Film und Fernsehproduktionen im touristischen Marketing und da ist Wien keine Ausnahme. Filme, Serien, Dokumentationen, insbesondere mit österreichischen Schauspielern, Themen und Landschaften – sie werden vom Publikum und von der Wirtschaft geschätzt. Doch wer finanziert die Projekte der Filmwirtschaft? Insgesamt wurden in den 2000er Jahren für spezifisch österreichische Film- und Fernsehproduktionen jährlich durchschnittlich 240 Millionen Euro ausgegeben. Davon wurden rund 100 Millionen vom ORF finanziert, rund 45 Millionen kommen aus unterschiedlichen Förderungen des Bundes. Knapp 23 Millionen machen die Filmförderungen der Bundesländer zusammen aus. Dazu kommen noch 13, 5 Millionen aus dem Fernsehfonds der RTR, dem Radio- und Fernseh-Regulator. Weitere 50 Millionen werden von internationalen Koproduzenten, den Verleihern von Kinofilmen und den Filmproduzenten selbst aufgebracht. Unmittelbare Nutznießer sind etwa 1.600 Firmen, die Filme produzieren oder den Produktionen zuarbeiten. Betroffen davon sind rund 4.000 Arbeitsplätze. Von der Filmproduktion gehen aber auch wichtige zusätzliche Beschäftigungsimpulse für andere Branchen aus: am Beispiel der Ausgaben des ORF hat das Wirtschaftsforschungsinstitut berechnet, wie hoch dieser Multiplikator-Effekt für andere Wirtschaftszweige ist. „Vom ORF-Fernsehen haben wir uns ausgerechnet, dass jeder Euro, der ausgegeben wird für die Produktion von Fernseh-Sendungen, eine Brutto-Wertschöpfung im Ausmaß von 1,30 Euro ungefähr erwirtschaftet, erbringt. Und wenn man das in Beschäftigung übersetzt, dann haben wir berechnet, dass ein im ORF beschäftigter Mitarbeiter, eine Mitarbeiterin mit fünf weiteren Beschäftigten in anderen Bereichen der österreichischen Wirtschaft verbunden ist. Natürlich sind sehr viele dieser fünf beschäftigten in der Kreativwirtschaft im Bereich Unterhaltung, Kultur beschäftigt. Die Produktion der aktuellen dritten Staffel der ORF-Erfolgsstory ‚CopStories‘ veranschaulicht das Ergebnis der Studie. Der Produzent Florian Gebhardt setzt mit den zehn Teilen der Staffel fünf Millionen an ORF-Auftragsvolumen um und beschäftigt für die Produktionsdauer hunderte Menschen. Zum Produktionsteam gehören nicht nur die Schauspieler, sondern auch Drehbuchautoren, Regie, Kameraleute oder die Experten des Tonstudios Blautöne. Denn pro Folge müssen je drei Wochen lang Ton und Musik professionell abgemischt werden. Für das Wiener Tonstudio sind solche lukrativen Aufträge des ORF lebensnotwendig. Das ist kein Einzelfall. Als Auftraggeber von Serien, Dokus, Shows und Financier von Kinofilmen liefert der ORF für die heimischen Film- und Fernsehkreativen wichtige Beschäftigungsimpulse. Dieser Verantwortung ist sich auch Fernsehdirektorin Kathrin Zechner bewusst. „Der ORF hat sich über die Jahre immer wieder dafür entschieden, sehr viel von seinem Budget das ja größtenteils über Gebühren hereinkommt – sprich über das Publikum und Werbung – einen großen Teil genau in diese Kategorie zu setzen. Nicht nur in Information, nicht nur in Sport, nicht nur in Unterhaltung sondern sehr wohl auch in dieses wertvolle Produkt Film, Serie und Dokumentation. Klar zu definieren ist, dass der ORF der stärkste Partner der Film- und Kreativwirtschaft ist, weil es natürlich auch die privaten Sender gibt, die aber im fiktionalen Bereich so gut wie nichts machen, die in der Comedy-Satire-Ecke so gut wie nichts machen und die in der Entertainment-Branche eigentlich hauptsächlich mit deutschen Produzenten zusammenarbeiten und insofern würde ich sagen ist der ORF der nahezu 100-Prozent-Player. Diese starke Rolle weiter wahrzunehmen könnte in Zukunft schwieriger werden. Der ORF kämpft ums Geld, die Regierung fordert immer neue Einsparungen. Auch die Auftragsbudgets sind unter Druck. Konnte man seit 2010 das Volumen sogar von 102 auf 107 Millionen Euro steigern, geht es seither bergab. Bereits im Vorjahr fielen die Aufträge an die Filmwirtschaft auf 96 Millionen, heuer werden sie nur rund 80 Millionen ausmachen. Was danach sein wird, ist ungewiss. Viele Film- und TV-Produzenten sind irritiert, statt sich über internationale Filmpreise zu freuen, machen sich Existenzängste breit. Manche geben der Regierung die Schuld, manche dem ORF. Dieter Pochlatko gilt als einer der erfahrensten Produzenten im Land. Auch er sieht die Situation nicht rosig. „Das macht ja der ORF auch nicht zum Fleiß, das wissen wir ja alle. Es sind halt schwierige Zeiten, denen man sich natürlich stellen muss – das ist mein Credo. Natürlich jammert die Branche massiv, weil man darf nicht vergessen, es droht ein Ausfall von rund 20 Prozent in Summe und das trifft natürlich schon, wenn eine Branche 20 Prozent weniger Aussicht hat umsetzen zu können, da schreien natürlich alle auf. Auch Filmproduzent Gebhardt weiß nicht, wie es bei schrumpfenden ORF-Aufträgen weiter gehen würde. Die Freude über den Auftrag zur dritten Staffel von ‚CopStories‘ wirkt zwar noch, doch ob es je eine vierte Staffel geben wird, er weiß es nicht. „In Österreich hat der ORF eine Schlüsselfunktion. Erstens zum Erhalt der österreichischen Filmwirtschaft und auch der österreichischen Filmkultur; und das nicht nur im Fernsehen sondern auch im Kino. Ohne ORF geht wirklich gar nichts und eine Unterdotierung dieses Bereiches führt letztendlich dann auch zu einer kaputten Filmwirtschaft, das muss man ganz klar so sagen. Eine gesunde österreichische Filmwirtschaft mit sicheren Arbeitsplätzen und österreichischen Inhalten, Wertschöpfung für Regionen und Tourismus – das alles steht wohl irgendwie auf dem Spiel. Sein oder nicht sein? Harald Krassnitzer jedenfalls findet, dass Österreich gerade jetzt mehr Filmbudgets bräuchte. „Ich glaube, dass die kulturelle Bedeutung, und zwar die gesellschaftspolitische kulturelle Bedeutung von Film für eine Gesellschaft oder so ein kleines Land wie Österreich sehr wichtig ist, es ist identitätsstiftend. Es hat etwas, was sozusagen Kultur wiederspiegelt, was eine Authentizität wiederspiegelt, wo Kulturreflexe und Kulturentwicklungen wiedergespiegelt werden. Und das finde ich für total wichtig – zunehmend wichtig in einem Europa, wo es im weitesten Sinne auch um ein Europa der Regionen geht. Also wie präsentiert sich eine Region, was ist eine Region, was sind kulturelle Idiome? Die Bilder im Kopf der ausländischen Gäste, die heute Österreich besuchen, stammen oft von Filmen. Meist freilich sind sie nicht ganz neu. Welche Bilder in Zukunft unsere Identität prägen werden, es wird auch von den Filmen abhängen, die in den nächsten Jahren produziert werden können.

Eine hohe Auszeichnung für das österreichische Tatort-Team. Da freuen sich die Zuseher, aber auch die Produzenten, Tourismusmanager und der ORF. Wenn nämlich ein Film vor österreichischer Kulisse über die Leinwand flimmert, dann zieht das Touristen an. Und genau deswegen fördern neben dem ORF auch Bund und Länder Filmproduktionen. Dieser Wirtschaftszweig ist klein, aber fein hierzulande. Und hat für die Volkswirtschaft einen Multiplikatoreffekt, den man nicht unterschätzen sollte.


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