31 - 100 Millionen für den Film. Ist es das wert?

Michael Krön, Programmwirtschaft

Die Antwort gibt Michael Krön, Chefproducer des ORF.

Zuallererst: Ohne den ORF als Auftraggeber in der Filmwirtschaft keine österreichische Identität!

Das klingt hart, ist aber genauso. Würde der ORF seine Rolle als Auftraggeber und Koproduzent in der österreichischen Kreativwirtschaft aufgeben, hätte das, neben den negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen, auch inhaltlich schwerwiegende Folgen. Es verschwänden nämlich unsere Kultur, unsere Sprache, ja unser Lebensgefühl aus den Medien und in weiterer Folge auch aus unseren Herzen und unseren Leben. Produkte à la "Kaisermühlen Blues", "Kottan ermittelt", "Die Piefke Saga", "Die Vorstadtweiber" oder "Braunschlag" fielen deutschen und internationalen Filmen und Serien zum Opfer. Die oben genannten Sendungen beschreiben fiktional audiovisuell den Geist ihrer Zeit. Diesen Ausweis gäbe es dann nicht mehr. Unsere Kinder würden mit der Zeit "kucken" und nicht mehr "schauen", sie äßen Frikadellen in Brötchen und statt nach China führen sie nach "Schina".

In der Verantwortung gegenüber unserer eigenen Kultur wirken wir dem entgegen. Und dies gelingt jedenfalls nur mit viel originär österreichischem Content in allen Genres, fiktional und faktentreu.

Deshalb und als Gewährleister bzw. Initiator österreichischer Wertschöpfung vergibt der ORF jährlich über 100 Millionen Euro für Auftrags- und Koproduktionen, die mit österreichischen Filmhersteller:innen abgeschlossen werden. Nicht eingerechnet sind hier reine Käufe oder technische Dienstleistungen von in Österreich ansässigen Unternehmen, wenngleich natürlich auch diese Mittel der österreichischen Filmwirtschaft zufließen.

Im Durchschnitt hat der ORF im Zeitrahmen 2018 - 2022 jährlich rund 104 Millionen Euro in die heimische Filmwirtschaft investiert. Auch für 2023 wird sich die Summe auf über 100 Millionen Euro belaufen. Durch die Finanzierung des ORF werden fiktionale Produktionen mit österreichischer Handschrift und Kreativleistung an österreichischen Drehorten ermöglicht. Bei den Filmen und Reihen sind dies beispielsweise die "Landkrimis", die in den einzelnen Bundesländern spielen, "Die Toten von Salzburg" oder "Die Toten vom Bodensee" sowie die sowohl beim österreichischen als auch beim deutschen Publikum höchst beliebten "Tatort"-Folgen mit Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser.

Im Bereich der Fernsehserien sind beispielsweise rein vom ORF beauftragte Produktionen wie "Biester" oder "Walking on Sunshine" anzuführen, wie auch koproduzierte Titel wie "Soko Donau", "Soko Linz" oder "School of Champions". Im Bereich der Koproduktionen ermöglicht die Mitfinanzierung des ORF den Produzent:innen eine geschlossene Finanzierung und damit auch die Möglichkeit, bei Erfüllung der entsprechenden Kriterien, die Produktion auch bei Filmförderprogrammen wie zum Beispiel FISA+, dem Filmförderprogramm des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft, einzureichen.

Im Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens werden durch die Mitfinanzierung des ORF zudem auch jährlich über 25 österreichische Kinoproduktionen wie beispielsweise "Griechenland", "Pulled Pork" oder "Andrea lässt sich scheiden" ermöglicht.

Zur besonderen Förderung des österreichischen Nachwuchsfilms finanziert der ORF über die Innovationsförderung auch Animationsfilme, Filme mit Innovationscharakter oder Kurzfilme.

Auch im non-fiktionalen Bereich haben Beauftragungen des ORF eine bedeutende Rolle für die österreichische Kreativwirtschaft.

Daten

Der breite Bogen spannt sich quer über die Genres - von Unterhaltung mit den Vorabend-Quiz-Sendungen "Q1 - Ein Hinweis ist falsch" und "Smart10 - Das Quiz mit den zehn Möglichkeiten", Comedy, Kabarett und Satireproduktionen heimischer KünstlerInnen wie "Willkommen Österreich", "Was gibt es Neues?", "Gute Nacht Österreich" oder dem "Kabarettgipfel", dem Kinderprogramm oder diversen Talk-Formaten wie "Stöckl." oder "Barbara Karlich - Talk um 4" über Dokumentationen für die Sendeleisten "Universum", "Universum History", "kreuz und quer" oder "Dok 1", einer Vielzahl von Kultur-Dokumentationen und jenen über die österreichische Geschichte bis hin zu Beauftragungen für Magazin-Sendungen wie "Guten Morgen Österreich", "Studio 2" oder "bewusst gesund". Jährlich werden mit all diesen Produktionen über 150 österreichische Produzenten und Produzentinnen vom ORF beauftragt. Da die Filmwirtschaft in Österreich eine vergleichsweise kleine Branche ist, bei der der weitaus überwiegende Anteil der Unternehmen weniger als 10 Beschäftigte hat, kommt dem ORF hier eine zentrale Bedeutung für die österreichische Produktionslandschaft und die österreichische Kreativwirtschaft zu.

Auch für den Filmproduktionsstandort Österreich setzt der ORF mit seinem Investitionsvolumen einen nachhaltigen Impuls. Dies ist insbesondere auch aufgrund der volkswirtschaftlichen Multiplikatorwirkung (zum Beispiel durch lokale Konsumausgaben der Produktionsteams oder über den Tourismus) für den Wirtschaftsstandort Österreich von Bedeutung.

Vom ORF beauftragte oder koproduzierte Produktionen machen oftmals österreichische Landschaften und Regionen auch im Ausland bekannter (Beispiel "Der Winzerkönig") und kommen damit auch dem österreichischen Tourismus zugute.

Summa summarum ist der ORF durch seine Investitionen ein sehr wesentlicher Wirtschaftsfaktor, jedenfalls aber der größte Identitätsstifter des Landes.

#oesterreichwert