"Die euphorischen Erwartungen an das Internet sind zerstört. Tatsache ist: Die dominierenden kommerziellen digitalen Plattformen gefährden die Demokratie. Trotz der faszinierenden Möglichkeiten, die das Internet der Gesellschaft und den einzelnen Mediennutzer:innen bietet, haben einige wenige global agierende Datenkonzerne eine beispiellose wirtschaftliche, politische und kulturelle Macht erlangt. So wie das Internet derzeit strukturiert und genützt wird, trennt und spaltet es, anstatt vertrauenswürdige, öffentliche Räume für die Kommunikation über Unterschiede, Vielfalt und Meinungsverschiedenheiten zu schaffen" (Auszug aus: "The Public Service Media and Public Service Internet Manifesto").
Eine internationale Gruppe von Medienexpert:innen hat daher ein Medien- und Internetmanifest erstellt. Das heute veröffentlichte "Public Service Media and Public Service Internet Manifest" fordert die Sicherung der Existenz, der Unabhängigkeit und Finanzierung von öffentlich-rechtlichen Medien sowie die Schaffung eines Public Service Internet.
Prof. Christian Fuchs, Direktor des Instituts für Kommunikations- und Medienforschung an der University of Westminster in London und Mitinitiator des Manifests:
"Die Demokratie braucht öffentlich-rechtliche Medien und ein Public Service Internet. Die digitalen Giganten wie Facebook, YouTube/Google, Netflix und Amazon dominieren das Internet. Die Folgen sind Monopole, Datenüberwachung, algorithmische Politik, digitaler Populismus, das Internet als riesiges Einkaufszentrum, Filterblasen, Fake News, eine postfaktische Kultur und ein Mangel an vielfältiger Debatte. Unser Manifest fordert die Schaffung eines Public Service Internets, damit öffentlich-rechtliche Medien in die Lage versetzt und mit angemessenen Mitteln ausgestattet werden, um Online-Plattformen bereitzustellen, die einen gemeinwohlorientieren digitalen Auftrag haben, Informationen, Nachrichten, Debatten, Demokratie, Bildung, Unterhaltung, Partizipation und Kreativität mit Hilfe des Internets zu fördern."
Das Manifest wurde von einer Gruppe internationaler Medienexpert:innen in einem mehrmonatigen Online-Diskussions- und Kooperationsprozess auf der österreichischen Plattform ecomitee.com erstellt. Die Manifest-Initiative ist Teil des Forschungsnetzwerks "InnoPSM: Innovation in Public Service Media Policies", das vom UK Arts and Humanities Council finanziert wurde und von Dr. Alessandro D'Arma von der University of Westminster und Dr. Minna Horowitz von der University of Helsinki geleitet wird.
Dr. Klaus Unterberger, Leiter der Public Value - Abteilung des ORF und Mitinitiator des Manifests:
"Öffentliche Kommunikation ist mehr als ein Geschäftsmodell. Sie ist eine öffentliche Aufgabe. Die globale Pandemie, der sich beschleunigende Klimawandel und die zunehmende soziale Ungleichheit haben die Dringlichkeit von verlässlichen und vertrauenswürdigen Informationen jenseits von Fake News und Polarisierung gezeigt. Wir brauchen ein neues Internet, das eine öffentliche Sphäre für Menschen bietet, die nicht nur Medienkonsument:innen, sondern in erster Linie Bürger:innen sind. Die bestehende Infrastruktur der öffentlich-rechtlichen Medien muss dabei eine wichtige Rolle spielen, um eine Alternative zur drohenden Dominanz der Datenkonzerne in der öffentlichen Kommunikation zu schaffen. Ein neues, demokratisches Internet ist möglich. Deshalb rufen wir zum Handeln auf."
Im Oktober 2021 wurde die Initiative "Public Service Internet Manifesto" weltweit von über 1000 Unterstützer*innen, darunter Jürgen Habermas und Noam Chomsky unterzeichnet. Wenn auch Sie die Initiative für ein öffentlich-rechtliches Internet unterstützen möchten, dann können Sie das Manifest hier unterschreiben:
http://bit.ly/signPSManifesto
Das Public Service Media und Public Service Internet Manifest im Wortlaut (in Englisch):
http://bit.ly/psmmanifesto
Public Service Internet Manifesto (Deutsch): Download
Rückfragen:
Prof Christian Fuchs,
University of Westminster,
Communication and Media Research Institute
c.fuchs@westminster.ac.uk
Klaus Unterberger, klaus.unterberger@orf.at