Diesen Fragen widmen sich die Autor:innen der TEXTE 28. Wissenschafter:innen und Medienexpert:innen aus allen EU-Staaten (und der Schweiz) analysieren dabei die Lage der öffentlich-rechtlichen Medien in ihren Ländern. Von den Problemen Estlands mit dem kulturellen Einfluss des Nachbarlands Russland aufgrund der gemeinsamen Geschichte bis zur Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern in Griechenland, von der einzigartigen Finanzsituation in Irland bis zur bedrohten Zukunft in der Schweiz und der Rolle der deutschen Medien in der Europawahl: die Publikation, die in Zusammenarbeit der Public-Value-Abteilungen von ARD, ZDF, SRG und ORF erstellt wurde, zeigt wie vielfältig die Mediensituation in Europa - insbesondere für öffentlich-rechtliche Medien- ist und welche Rolle sie für die Demokratie einnehmen. Die Beiträge widerspiegeln nicht die Haltung der einzelnen öffentlich-rechtlichen Sender, sondern analysieren aus unabhängiger Perspektive welche Risiken, aber auch Chancen für sie durch die massiven Veränderungen in Medienökonomie und Mediennutzung entstehen.
Die Sondernummer "The Future of Public Service Media in the European Union" ist auf Englisch erschienen und hier abrufbar.
Im Folgenden finden Sie eine Zusammenfassung der einzelnen Beiträge auf Deutsch:
Ob ORF, Google oder Smartphone - heute kann jeder in die Rolle des Gatekeepers schlüpfen und wichtige Informationen teilen. Im Vordergrund dieser Gatekeeper-Vielfalt steht dabei das Rennen um die Aufmerksamkeit. Algorithmen großer Onlineplattformen und Suchmaschinen ermöglichen es, durch individuell zugeschnittene Inhalte Konsument:innen langfristig zu binden. Das Problem ist dabei, dass die Gefahr von Desinformation und Manipulation steigt, denn auf Qualität, journalistische Sorgfaltspflicht und Transparenz wird dabei wenig Rücksicht genommen. Auf europäischer Ebene wird durch zahlreiche Gesetzesvorhaben versucht, eine Medienlandschaft zu schaffen, in der gerade diese Werte im Vordergrund stehen. Eine Chance auch für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, ihrem allgemeinen Auftrag zur wahrheitsgetreuen Informationspflicht nachzukommen.
Belgien, Tim Raats, Freie Universität Brüssel
Tim Raats von der Freien Universität Brüssel sieht öffentlich-rechtliche Medien (PSM) in der Pflicht ihre Strategien anzupassen, um weiterhin relevant zu bleiben. Ein "digital first"-Ansatz wird als entscheidend angesehen, wobei Video-on-Demand und Nachrichtenportale zentrale Zugangswege zu PSM-Inhalten darstellen. Empfehlungssysteme und Algorithmen sollen die Vielfalt des Medienkonsums fördern und die Reichweite erhöhen. PSM müssen jedoch mehr tun, um alle Zielgruppen zu erreichen, insbesondere jene Gruppen, die bisher oft vernachlässigt wurden. Eine zukunftssichere PSM-Strategie erfordert regulatorische Unterstützung, Investitionen in Medienkompetenz und ein Verständnis der vielfältigen Publikumsbedürfnisse. Nur so kann eine echte Universalität, die alle Menschen einbezieht, erreicht werden.
Lilia Raycheva analysiert die Rolle der öffentlich-rechtlichen Medien in Bulgarien im Kontext sozialer, wirtschaftlicher und technologischer Veränderungen. Sie betont, dass diese Medien essenziell für die Förderung demokratischer Werte, nationaler Identität und kultureller Vielfalt sind. Angesichts der Herausforderungen durch Politisierung, Kommerzialisierung und undurchsichtiges Medieneigentum müssen öffentlich-rechtliche Medien Transparenz, Meinungsvielfalt und professionelle Standards gewährleisten. Trotz hoher Internetdurchdringung bleibt das Fernsehen die Hauptinformationsquelle. Raycheva unterstreicht die Bedeutung der finanziellen Nachhaltigkeit und die Nutzung alternativer Einnahmemodelle wie zum Beispiel Abo-Modelle, um die Qualität und Unabhängigkeit des Journalismus zu sichern und die europäische Integration zu fördern.
Regionale Medien, insbesondere öffentlich-rechtliche beeinflussen Identität und wirtschaftliche Entwicklung. Sie fördern Bürgerbeteiligung, kulturelle Vielfalt und den Dialog zwischen Gemeinden und Behörden. Als Teil des Medienpluralismus schützen sie die Interessen regionaler Gemeinschaften und unterstützen die lokale Wirtschaft durch Schaffung von Arbeitsplätzen und Förderung von Talenten. Ihre unabhängige Berichterstattung und Vielfalt stärken die politische Stabilität und Verständigung sowie die lokale und regionale Identität. In Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen tragen sie zur Entwicklung von Medienkompetenz und intellektueller Debatte bei und können dabei einen Mehrwert für die Gesellschaft über die Ortsgrenzen hinaus erbringen.
Angesichts der Herausforderungen der Publikumsfragmentierung und der Dominanz der Unterhaltungsindustrie sieht Viktorija Car von der Universität Split die öffentlich-rechtlichen Medien (PSM) in der Pflicht als verlässliche Informationsquelle inmitten eines Ozeans von Fehlinformationen zu dienen. In einer Ära, die von einer "Infodemie" geprägt ist, stehen öffentlich-rechtliche Medien (PSM) vor der entscheidenden Aufgabe, Desinformation entgegenzuwirken und journalistische Integrität zu wahren. Während sich der traditionelle Journalismus in Form von Bürgerjournalismus und Online-Plattformen weiterentwickelt, bedarf es einer Neufassung des Auftrags von PSM, der darin besteht, die Öffentlichkeit zu informieren, zu bilden und zu unterhalten. Nur Medien, die direkt von den Bürger:innen finanziert werden, können von finanziellen und politischen Interessen unabhängig sein.
Die öffentlich-rechtlichen Medien (PSM) in Zypern, repräsentiert durch die Cyprus Broadcasting Corporation (CyBC), stehen vor finanziellen Engpässen, einem Kampf um die Aufmerksamkeit der Zuschauer:innen und der Anpassung an neue Technologien. Der grundlegende Zweck, genaue und vertrauenswürdige Informationen bereitzustellen, bleibt jedoch gleich. Paschalia (Lia) Spyridou von der Technischen Universität Zypern sieht bei CyBC ein verstärktes Zugehen auf jüngere Zielgruppen, beispielsweise durch mehr Präsenz auf Social Media, audiovisuelle-Inhalte oder Vertragsmodelle für junge Fachkräfte. Allerdings bleibt das PSM aufgrund politischer Abhängigkeiten und einer Finanzierung, direkt aus dem Staatshaushalt, weiterhin mit Hindernissen konfrontiert.
Die öffentlich-rechtlichen Medien (PSM) in Tschechien müssen gleichzeitig dem "Druck der politischen Eliten" widerstehen und ihre Unabhängigkeit wahren. - so fasst es Jan Jirák von der Metropolitan University Prag zusammen. Sie haben seit ihrer Gründung nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von zuverlässigen Informationen und der Förderung öffentlicher Diskussionen gespielt. Trotz des Aufstiegs kommerzieller Medien behaupten sich PSM durch ihre verlässliche Berichterstattung und ihre integrative Funktion in der Gesellschaft. Die Herausforderung für ihre Zukunft liegt darin, in einer digitalisierten Medienlandschaft weiterhin als gemeinsamer Raum für Bürger:innen zu fungieren.
Selbst in Dänemark, einem Land mit allgemeiner Unterstützung für öffentlich-rechtliche Medien und einer hohen Reichweite ihrer Angebote, ist der digitale Wandel nicht einfach. Der Übergang zu Streaming-Diensten steht im Einklang mit der Mediennutzung, doch steht man vor dem Dilemma wie etwa der Personalisierung des Angebots. Julie Münter Lassen von der Universität Aarhus beschreibt einen möglichen Verlust der Universalität des Angebots. Die Digitalisierung prägt den Medienkonsum stark, wobei öffentlich-rechtliche Medien wie DR und TV 2 ihre Dienste anpassen, um relevant zu bleiben. Es sei wichtig, ein Gleichgewicht zwischen universellen Diensten und personalisierten Angeboten zu finden, um sowohl die öffentliche Debatte zu fördern als auch die nationale Identität zu wahren.
Angesichts der geopolitischen Spannungen mit Russland wird die Bedeutung dieser Medien bei der Überwindung von Sprachbarrieren und der Schaffung eines gemeinsamen Informationsraums für die russischsprachige Bevölkerung durch Andres Jõesaar von der Universität Talinn hervorgehoben. "Um anderen zu helfen, muss der Helfer gesund und fit sein." Im Beitrag wird die entscheidende Rolle öffentlich-rechtlicher Medien in Estland beleuchtet. Dabei wird aufgezeigt, wie öffentlich-rechtliche Medien und ein gemeinsamer Informationsraum dazu beitragen können, die Gesellschaft zu einen und den Einfluss russischer Propaganda einzudämmen.
Öffentlich-rechtliche Medien müssen sich auf die wachsende Bedeutung der sozialen Medien vorbereiten und weiterhin qualitativ hochwertigen Journalismus liefern, um das Vertrauen des Publikums weiter zu stärken und den Herausforderungen der sich entwickelnden Medienlandschaft zu begegnen, fordern die finnischen Autor:innen. Medienkompetenz und hohe Erwartungen des Publikums führen dazu, dass öffentlich-rechtliche Medien in nordischen Ländern das höchste Vertrauen unter den Nachrichtenmarken genießen. Sogar eine Mehrheit kommerzieller finnischer Medien vertritt den Standpunkt, dass der öffentlich-rechtliche Nachrichtensender die Vielfalt erhöht und das Ökosystem der Nachrichtenmedien stärkt. Soziale Medien werden dagegen als weniger vertrauenswürdig angesehen. Dennoch spielen Polarisierung und Desinformation eine zunehmende Rolle.
Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in Frankreich werden durch eine Kombination aus Rundfunkgebühren und staatlicher Unterstützung finanziert. Mit der Abschaffung der Rundfunkgebühren und dem Auslaufen der Übergangsfinanzierung ab 2025 droht jedoch eine unsichere Zukunft. Pauline Renaud von der City Universität London weist darauf hin die Zusammenarbeit mit anderen europäischen Rundfunkanstalten zu fördern, um die Medienlandschaft insgesamt zu stärken. Diese Zusammenarbeit sieht die Schaffung eines unabhängigen Gremiums vor, das den EU-Medienrechtsrahmen konsequent anwenden und den Dialog zwischen Online-Plattformen und Medien fördern soll sowie gemeinsame Ressourcen für die Faktenprüfung und die Qualitätsprüfung der von öffentlich-rechtlichen Medien produzierten Informationen.
Public Service Media (PSM) sind laut Pascal Albrechtskirchinger vom ZDF in der postmodernen Demokratie entscheidend, da sie unvoreingenommene, faktenbasierte Informationen inmitten von Herausforderungen wie Desinformation und politischer Polarisierung bereitstellen. Die Europäische Union ergreift Maßnahmen, um demokratische Prozesse vor Manipulation zu schützen und betont die Bedeutung freier und fairer Wahlen sowie Medienfreiheit. PSM stehen vor Herausforderungen durch externe Bedrohungen und interne Probleme wie politischen Druck und Finanzierungsschwierigkeiten. Trotzdem müssen sie ihrer Mission treu bleiben, die Öffentlichkeit mit glaubwürdigen Informationen zu versorgen, indem sie sich an neue Technologien anpassen und Vertrauen bewahren.
Die Berichterstattung aus Brüssel über die EU ist ein komplexes und schwieriges Unterfangen. Christian Feld vom ARD beschriebt, wie öffentlich-rechtliche Medien hier Transparenz schaffen und komplexe Gesetzgebungsprozesse verständlich machen können. Das soll jedoch nicht bedeuten, unkritische EU-PR zu verbreiten. Nachrichten über EU-Gesetze müssen für alle zugänglich sein. Durch sachliche und ausgewogene Berichterstattung sollen Bürger:innen die Auswirkungen von EU-Entscheidungen verstehen um sich eine eigene Meinung bilden zu können.
Die 2-jährige Schließung des griechischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks ERT im Jahr 2013 hatte schwerwiegende Konsequenzen, die weit über die Medienlandschaft Griechenlands hinausreichten. Am Beispiel ERT zeigt Katharine Sarikakis von der Universität Wien, wie öffentlich-rechtliche Medien durch zivilen Ungehorsam und eine große Bürgerbeteiligung gerettet werden konnten. Die Bürgerbeteiligung wurde durch eine fließende und partizipatorische Regierungsführung gefördert, die Praktiken der Nachrichtengenerierung und -berichterstattung mit, durch und für verschiedene Öffentlichkeiten unterstützte. Sarikakis appelliert dabei für eine grundlegende Verpflichtung zum öffentlichen Dienst, zur Förderung der Bürgerbeteiligung und zu einer erweiterten Denkweise über demokratische Werte und Prinzipien.
Das ungarische öffentlich-rechtliche Mediensystem steht international als Negativbeispiel für die Beeinflussung von Medien im Dienste der Regierungspolitik. Seit der Umstrukturierung im Jahr 2010 hat die ungarische Regierung unter Viktor Orbán konsequent darauf hingewirkt, die öffentlich-rechtlichen Medien unter ihre Kontrolle zu bringen und sie als Instrumente der Propaganda zu nutzen. Die zentralisierte Kontrolle durch den Fonds für die Unterstützung der Mediendienste und die Vermögensverwaltung sowie die fehlende unabhängige Überprüfung haben es der Regierung ermöglicht, die öffentlich-rechtlichen Medien zu einem effektiven Werkzeug zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung zu machen. Die fehlende Unabhängigkeit und die politische Einflussnahme haben die Glaubwürdigkeit dieser Medien komplett untergraben und stellen ihre Rolle als objektive Informationsquelle in Frage.
Während öffentlich-rechtliche Medien (PSM) wie RTÉ in Irland mit finanziellen Schwierigkeiten und politischem Druck kämpfen, steht zusätzlich ihre Bedeutung für die demokratische Gesellschaft in Frage. Trotz aktueller Kontroversen spielt der Sender weiterhin eine wichtige Rolle in der irischen Medienlandschaft. Er besitzt im Vergleich zu anderen europäischen öffentlich-rechtlichen Sendern eine einzigartige Finanzierung - ein großer Teil der Einnahmen kommt abgesehen von Lizenzen aus kommerziellen Erträgen. Die Diskussionen über die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien in Irland sind daher von der Frage geprägt, wie RTÉ in Zukunft finanziell unterstützt werden soll, ohne auf Werbung angewiesen zu sein.
In diesem Artikel wird die Rolle öffentlich-rechtlicher Medien als Grundpfeiler für ein vereintes Europa inmitten der Herausforderungen der Klimakrise und geopolitischer Spannungen untersucht. Dabei diskutiert die Italienische Medienforscherin Flavia Barca das öffentlich-rechtliche Mediennetzwerk, als potenzielles Rückgrat Europas, das eine kohäsive Stimme für den sozialen Zusammenhalt. Das Konzept eines öffentlich-rechtlichen Internets wird als Möglichkeit betrachtet, demokratische Kommunikation zu fördern und die Auswirkungen der digitalen Transformation auf die Gesellschaft zu bewältigen. Durch die Betrachtung dieser Themen wird die Bedeutung öffentlich-rechtlicher Medien für eine gerechte und nachhaltige Zukunft Europas verdeutlicht.
Dieser Beitrag zeigt die Macht der Sprache am Beispiel Lettland - einem Land, in dem über ein Fünftel der Bevölkerung russisch spricht. Die bevorstehende Vereinheitlichung der öffentlich-rechtlichen Medien Lettlands ist insbesondere im Kontext des staatlichen Sprachdiskurses und der russischen Aggression zu sehen. Sie zeigt auf, wie die Präsenz der russischen Sprache in den Medien zu einem zentralen Thema geworden ist und politische Debatten über die Integration von Minderheitensprachen beeinflusst. Zukünftige Entwicklungen könnten sich auf die Qualität und Vielfalt der Inhalte, die Anpassung an hybride Formate sowie die Widerstandsfähigkeit der Informationen im Kontext geopolitischer Konflikte konzentrieren. Die Debatte darüber, wie die Fusion die Medienlandschaft Lettlands formen wird, bleibt ebenso relevant wie die Frage nach dem Erreichen der russisch-sprachigen Minderheit.
Auksė Balčytienė von der Vytautas-Magnus-Universität sieht die öffentlich-rechtlichen Medien vor digitalen Herausforderungen und schlagen einen "synthetisierenden" und "fürsorglichen" Journalismus vor, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Eine sichere Umgebung für alle Konfliktparteien zu schaffen, ist entscheidend, ebenso wie die Rolle von Journalist:innen als fürsorgliche Mentor:innen und Moderator:innen. In den baltischen Ländern sollen sie polarisierende Konflikte ansprechen und aktiv auf die Sorgen der Öffentlichkeit eingehen. Medien müssen ihren öffentlichen Auftrag anpassen und auf die Bedürfnisse ihres Publikums eingehen, während Bürger:innen ihre demokratische Pflicht wahrnehmen müssen, informiert zu bleiben. Institutionen wie Schulen spielen eine Schlüsselrolle bei der Förderung von Nachrichtenkompetenz und ethischen Standards.
In Luxemburg gibt es eine komplexe Landschaft öffentlicher und privater Medien. Während Radio 100,7 als öffentlicher Sender fungiert und der Privatfernsehsender RTL einen öffentlich-rechtlichen Auftrag hat und bis 2030 staatlich unterstützt wird. Der Journalist Philippe Dumong stellt Überlegungen an, nach Ablauf der Konzession von RTL einen eigenen öffentlich-rechtlichen Sender zu etablieren, um den Einfluss reißerischen Boulevard- und Billigjournalismus zu begrenzen und die soziale Integration zu fördern. Die Regierung erwägt staatliche Regelungen für öffentlich-rechtliche Medien, während einige Politiker:innen einen unabhängigen Fernsehsender befürworten. Auch alternative Modelle wie Web-TV standen stehen zur Diskussion. Der Auftrag soll dann nicht nur politischen Journalismus, sondern auch Information, Bildung, Kultur, Fiktion, Unterhaltung und Sport umfassen sollten, um einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.
Trotz des Aufstiegs sozialer Medien bleibt der Bedarf an öffentlich-rechtlichen Medien (PSM) auf Malta unverzichtbar für die Demokratie und den Schutz verlässlicher Nachrichten. Die PSM in einem digitalen Europa müssen sich an neue Technologien und Plattformen anpassen, während sie ihre Rolle als vertrauenswürdige Informationsquelle und Anbieter von Bildung und Kultur dabei nicht verlieren dürfen. In Malta steht man vor der Herausforderung, in einer sich wandelnden digitalen Medienlandschaft, weiterhin Unabhängigkeit und Transparenz zu wahren. Die historisch gewachsene politische Einmischung beeinflussen PSM zusätzlich.
Maurice Vergeer von der Universität Radboud Nijmegen spricht sich auf europäischer Ebene für koordinierte Maßnahmen zur Bekämpfung von Desinformation und die Entwicklung einer europäischen Streaming-Software aus. Diese kann dazu beitragen, die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Sender zu stärken und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Nachrichten zu festigen. Die niederländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (PSB) stehen vor Unsicherheiten aufgrund möglicher finanzieller Kürzungen durch rechtsgerichtete politische Koalitionen. Ein zentralisiertes Finanzmodell könnte Effizienz bringen, aber die Programmvielfalt sollte weiterhin geschützt werden.
Die Debatte um die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien (PSM) sieht Michal Glowacki von der University of Warsaw als oberflächlich da sie die Bedürfnisse junger Medienmacher:innen und die Herausforderungen der künstlichen Intelligenz nicht berücksichtigen. Polens Medienlandschaft bleibt anfällig für Falschinformationen, was den sozialen Zusammenhalt gefährden kann. PSM sollen Einheit fördern, doch politische Unsicherheiten nach den Wahlen von 2023 belasten ihren rechtlichen Status. Wie auch in Teilen Europas besteht ein dringender Bedarf an universellen und inklusiven Medien, die verschiedene Generationen ansprechen und den gesellschaftlichen Dialog fördern.
Die aktuelle Herausforderung beschreibt João Ricardo Pinto von der Universidade Nova de Lisboa darin, Medienkompetenz als grundlegendes Werkzeug zur Förderung von sozialem Zusammenhalt und Integration zu stärken. Die Medien, insbesondere öffentlich-rechtliche Sender wie RTP in Portugal, haben eine entscheidende Rolle beim Übergang von diktatorischen Systemen zur Demokratie gespielt. RTP hat in der Vergangenheit Initiativen wie Telescola und RTP Ensina hervorgebracht, die Bildungsinhalte bereitstellen, jedoch muss eine stärkere Integration von Medienkompetenz in formale Bildungsprogramme erreicht werden. Nur so können Bürger:innen auf eine zunehmend digitale Zukunft vorbereitet werden und gleichzeitig die Werte der Vielfalt und Toleranz bewahrt werden.
Angesichts heutiger Desinformationskampagnen kann die Forschung dazu beitragen, das postkommunistische Europa der Nachkriegszeit sowie die Mechanismen und Emotionen hinter Propaganda und Desinformation besser zu verstehen und das verlorene Vertrauen wieder aufzubauen. Die Untersuchung des rumänischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks beleuchtet ein Kapitel kommunistischer Propaganda und das damit verbundene Misstrauen gegenüber den Medien. Das immaterielle Erbe dieser Zeit, prägt bis heute die Orientierung in der Welt und die Wahrnehmung der rumänischen Gesellschaft. Die Dokumentation eines totalitären Systems durch den öffentlichen Rundfunk dient als wichtige Ressource für die Erforschung vergangener Erfahrungen.
Die aktuellen gesetzlichen Vorschläge zur Umstrukturierung bzw. Neugründung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Slowakei werfen Bedenken hinsichtlich politischer Einflussnahme und ihrer Auswirkungen auf die Medienfreiheit auf. Trotz Probleme wie gesellschaftlichen Spaltungen und wachsendem Skeptizismus gegenüber traditionellen Medien wird die Notwendigkeit, die redaktionelle Unabhängigkeit zu wahren und ein pluralistisches, faktenbasiertes Berichterstattungsumfeld zu fördern betont. Die Rolle der öffentlich-rechtlichen Medien bei der Förderung kritischer Diskussionen und dem Erhalt des öffentlichen Vertrauens in einer zunehmend digitalen Medienlandschaft ist von entscheidender Bedeutung für die Demokratie und den Informationszugang der slowakischen Bürger:innen.
Die laufende Umstrukturierung der öffentlich-rechtlichen Medien (PSM) in Slowenien zielt darauf ab, die Vielfalt und Qualität des Programms zu verbessern, indem neue Standards eingeführt, lokale Berichterstattung gestärkt und digitale Innovationen vorangetrieben werden. PSM, repräsentiert durch RTV Slovenija, haben in jüngerer Zeit politische Einflussnahme bis hin zu finanziellen Engpässen erlebt. Trotzdem hat RTV Slovenija sich bemüht, seine Unabhängigkeit zu wahren und durch journalistische Streiks und Referenden die öffentliche Erwartung an unparteiische Berichterstattung zu unterstützen. Die Herausforderung bleibt, in einem politisch und finanziell instabilen Umfeld eine demokratische, medienkompetente Öffentlichkeit zu stärken.
Während die demokratische Bedeutung des nationalen öffentlich-rechtlichen Fernsehens unbestritten ist, könnte laut Aurora Labio-Bernal von der Universität von Sevilla, auch die Beteiligung an einer Europäischen Nachrichteninitiative einen Mehrwert bieten. Diese stärkt die Zusammenarbeit zwischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und kann ein Ausgangspunkt für Forschung, Identitäts- und Vertrauensbildung sein. Die Entwicklung des öffentlichen Fernsehens in Spanien seit dem Übergang zur Demokratie wurde von verschiedenen Herausforderungen geprägt, darunter wirtschaftliche Belastungen und Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit. Trotz Reformen und Anpassungen an europäische Richtlinien bleibt die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Spanien und Europa insgesamt mit Unsicherheiten verbunden.
Die Autoren dieses Beitrags streichen das Dilemma der Debatte über journalistische Ethik hervor, vor der öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in polarisierten politischen Landschaften stehen. In Schweden stehen die öffentlich-rechtlichen Medien vor der Herausforderung, mit dem Aufstieg rechtsextremer Parteien umzugehen, insbesondere den Schwedendemokraten, die den Rundfunk oft als parteiisch kritisieren. Die Debatte über die demokratische Rolle des Rundfunks wurde verstärkt, als der Parteivorsitzende der Schwedendemokraten im Vorfeld der Parlamentswahlen 2018 kontroverse Aussagen machte, die zu intensiven Diskussionen über die Einhaltung der Unparteilichkeit führten.
Die Qualitätssicherung aber ebenso die Unterhaltung sind wichtige Aspekte zur Sicherung des öffentlichen Werts, schlussfolgert der Journalist Philipp Cueni. Europaweit wächst die Entfremdung gegenüber öffentlichen Institutionen und Medien. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Schweiz steht vor der Herausforderung, durch intensive Dialoge mit der Gesellschaft und die Betonung seines gesellschaftlichen Nutzens seine Legitimation zu stärken. Die Schweizer Bevölkerung zeigt traditionell eine hohe Bereitschaft, Rundfunkgebühren zu zahlen, und bringt damit die breite Unterstützung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zum Ausdruck. Die enge Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und Marktmedien sowie die Förderung von Integration und gesellschaftlichem Zusammenhalt sind entscheidend, um das gesamte Mediensystem zu stabilisieren.
Regionalmedien sind in der sich schnell verändernden digitalen Welt von entscheidender Bedeutung. Sie fördern die Demokratie, unterstützen die lokale Wirtschaft und bewahren kulturelle Vielfalt und regionale Identität. CIRCOM Regional, ein Verband von Fachleuten aus 29 europäischen Ländern, stärkt den regionalen Journalismus und fördert Bürgerbeteiligung und Aktivismus. Regionalmedien schaffen Arbeitsplätze, entwickeln Talente und unterstützen kulturelle Aktivitäten, einschließlich Minderheitensprachen. Sie tragen zur politischen Stabilität und zum Medienpluralismus bei, indem sie lokale Gemeinschaften verbinden und informieren.
Die Europäische Rundfunkunion (EBU) vertritt 113 Medienorganisationen in 56 Ländern und setzt sich für Medienfreiheit und Pluralismus ein. In der EU unterstützt die EBU die Gesetzgebung zur Förderung öffentlicher Medien, einschließlich des Digital Services Act und des European Media Freedom Act. Anlässlich der EU-Wahlen 2024 fordert die EBU politische Entscheidungsträger auf, Medienvielfalt zu fördern. Außerhalb der EU engagiert sich die EBU für die Sicherheit von Journalist:innen und liefert führende Forschungsergebnisse durch ihren Media Intelligence Service. Die EBU stärkt die europäische Kultur und Identität durch Zusammenarbeit und Veranstaltungen wie den Eurovision Song Contest.
Im Jahr 2024 betont Teresa Ribeiro, die OSZE-Beauftragte für die Freiheit der Medien, die entscheidende Rolle der Medienfreiheit für den Schutz der Demokratie, insbesondere angesichts des zunehmenden Populismus und der Autokratie. Sie hebt Herausforderungen wie Desinformation und gezielte Angriffe auf Journalist:innen hervor und plädiert für eine starke Medienregulierung, Transparenz bei digitalen Plattformen und Schutz für Journalist:innen. Ribeiro betont die Notwendigkeit eines pluralistischen Mediensystems, um freie und faire Wahlen zu gewährleisten, und fordert die Zusammenarbeit von Staaten, Technologieunternehmen und der Zivilgesellschaft, um demokratische Werte zu verteidigen und den schädlichen Auswirkungen von Desinformation entgegenzuwirken.
Das Manifest für ein Public Service Internet ruft dazu auf, das Internet zu transformieren, indem es ein öffentliches Dienstleistungsinternet schafft, das dem Gemeinwohl dient, die Demokratie stärkt und die Vielfalt fördert. Es fordert die Stärkung der öffentlich-rechtlichen Medien und die Schaffung einer neuen digitalen Sphäre, die den Bedürfnissen der Bürger:innen gerecht wird und die demokratische Kommunikation unterstützt.