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Idee Europa

Klaus Unterberger, ORF Public Value


Was wäre, wenn
Brüssel nicht an allem schuld wäre? Wenn Europa mehr wäre als Populismus und Krisen? Wenn es nicht nur eine „Festung Europa“ gäbe, sondern auch eine „Vision Europa“? Nicht nur angesichts, sondern gerade aufgrund der zahlreichen Klagen über das Europa der Gegenwart stellt sich die Frage nach seiner Zukunft: Was wäre möglich, was wäre vorstellbar? Hat Europa nicht nur eine beeindruckende Demokratiegeschichte, sondern auch die Kraft für die Gestaltung der Demokratie seiner Zukunft? Wer ist dabei gefordert? Und vor allem: Welche Medien wären dafür notwendig? Seit dem Ende des 2. Weltkrieges sind öffentlich-rechtliche Medien ein institutioneller Bestandteil des Mediensystems Europas. Sie garantieren Information, Kultur und Unterhaltung jenseits kommerzieller Geschäftsinteressen. Sie sind gesetzlichen, streng geprüften öffentlichen Aufträgen verpflichtet, sie sind nicht nur öffentlich finanziert, sondern auch öffentlich kontrolliert. Und sie sind europäisch: 106 öffentlich-rechtliche Medienunternehmen kooperieren im Verband der „European Broadcasting Union“. Die aktuelle Herausforderung ist: Europas Medienlandschaft ist nicht nur im Umbruch, sondern auch bedroht. Durch übermächtige, globale Konkurrenz. Durch Regierungen, Parteien und Wirtschaftsinteressen, die ihre Unabhängigkeit gefährden. Durch restriktive Sparprogramme, die europaweit den Qualitätsjournalismus gefährden. Während Banken gerettet werden, internationale und europäische Medienkonzerne Milliarden­profite machen und die Wirtschaft boomt, werden Redaktionen ausgedünnt, journalistisches Personal abgebaut, Budgets gestrichen. Es ist grotesk: Just in dem Moment, in dem eine aufgeklärte europäische Öffentlichkeit für das Überleben der Demokratie notwendig wäre, steht Europa scheinbar ohnmächtig den global agierenden Datenkonzernen gegenüber. Just in einer Zeit, in der die Unterscheidung zwischen Fake News und vertrauenswürdiger Nachricht immer wichtiger wird, erstickt die Öffentlichkeit unter dem Einfluss populistischer Empörung. Der Mangel an demokratiebelebender Initiative und notwendiger Investition in Qualitätsjournalismus erzeugt ein beklemmendes Szenario: Was wäre, wenn Europa nicht gelingt?

Was könnte sein,
wenn die besorgniserregenden Negativszenarien nur ein Teil europäischer Wirklichkeit wären? Wenn den Populisten, Empörungsbewirtschaftern und Besitzstandswahrern nur die halbe (europäische) Welt gehörte und der Rest einer aufbegehrenden europäischen Generation? All jenen, die sich ihr Europa, in dem sie leben, reisen, denken und kommunizieren, nicht nehmen lassen, weder von der suggerierten Angst, noch von den Verlockungen der Googles und Facebooks? Was wäre, wenn noch Luft nach oben wäre? Für die Gestaltung europäischer Zukunft? Für eine lebendige, europäische Demokratie? Für neue Allianzen und Kooperationen? Für einen öffentlichen Raum, der – im wahrsten Sinn des Wortes – zu einem europäischen „Möglichkeitsraum“ werden kann? Öffentlich-rechtliche Medien können dafür einen entscheidenden Beitrag leisten: Sie verfügen über eine in Jahrzehnten erworbene Kompetenz und die erforderliche multimediale Infrastruktur. Sie sind gesetzlichen Bildungs- und Kulturaufträgen verpflichtet. Sie garantieren überprüfbare Qualitätsstandards in Fernsehen, Radio und Online. Sie erreichen nicht nur werbewirksame Zielgruppen, sondern die Gesellschaft in ihrer oft widersprüchlichen Vielfalt. Öffentlich-rechtliche Medien sind daher auch geeignete „Driver of Change“ für eine neue paradigmatische Idee: Warum schaffen sie nicht eine „Plattform Europa“? Einen „European Public Open Space“? Einen digitalen Raum, der von den Bildungseinrichtungen, den Universitäten und Schulen, den Museen und Forschungseinrichtungen, den Kulturorganisationen und -initiativen, der Kreativszene, den Qualitätsmedien und von der Zivilgesellschaft befüllt und benützt wird? Seit Beginn der europäischen Integration wird nach einem europäischen Narrativ gesucht, einer europäischen Erzählung, die in der Lage ist, Menschen zu begeistern und zu verbinden. Dafür sind vor allem vertrauenswürdige Medien und die Möglichkeit zum gesellschaftlichen, demokratischen Diskurs erforderlich. Europa braucht eigene digitale „Gesichter“ und eine Öffentlichkeit, die nicht von Geschäfts-bzw. Parteizentralen oder unkontrollierbaren Algorithmen gesteuert wird. Wann, wenn nicht jetzt? •


"Reparatur der Zukunft - Das Casting für neue Ideen", Eine Ö1-Initiative von: Ina Zwerger, Monika Kalcsics, Mirela Jasic abspielen
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"Reparatur der Zukunft - Das Casting für neue Ideen"
Eine Ö1-Initiative von: Ina Zwerger, Monika Kalcsics, Mirela Jasic
Idee Europa, Klaus Unterberger, ORF Public Value abspielen
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Idee Europa
Klaus Unterberger, ORF Public Value
Die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Journalismus, #bestof Teil 1 DialogForum vom 16.01.2019 abspielen
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Die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Journalismus
#bestof Teil 1 DialogForum vom 16.01.2019
2019 ..., Alexander Wrabetz, Generaldirektor des ORF abspielen
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2019 ...
Alexander Wrabetz, Generaldirektor des ORF
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Idee Österreich
Klaus Unterberger, ORF Public Value
»Public Open Space«, Zur Zukunft öffentlich-rechtlicher Medien abspielen
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»Public Open Space«
Zur Zukunft öffentlich-rechtlicher Medien
ORF-DialogForum extra »Visionen ORF 2030«, Erwartungen junger Menschen an den ORF der Zukunft abspielen
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ORF-DialogForum extra »Visionen ORF 2030«
Erwartungen junger Menschen an den ORF der Zukunft
»Public Network Value produzieren«, Keynote von Alexander Wrabetz abspielen
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»Public Network Value produzieren«
Keynote von Alexander Wrabetz
STUDIE "Public Network Value" [Kurzfassung], von Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Thomas Steinmauerer & Mag.a Dr.in Corinna Wenzel abspielen
STUDIE "Public Network Value" [Kurzfassung]
von Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Thomas Steinmauerer & Mag.a Dr.in Corinna Wenzel
STUDIE "Public Network Value", von Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Thomas Steinmauerer & Mag.a Dr.in Corinna Wenzel abspielen
STUDIE "Public Network Value"
von Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Thomas Steinmauerer & Mag.a Dr.in Corinna Wenzel
Public Value Bericht 2014/15, WOHIN? abspielen
Public Value Bericht 2014/15
WOHIN?
Ein Auftrag für die Zukunft, Barbara Weinzierl, Radiochronikredaktion abspielen
Ein Auftrag für die Zukunft
Barbara Weinzierl, Radiochronikredaktion