DE | EN
DE | EN
© Foto: ORF
[Eine Seite zurück]

Thriller ohne Happy End

Christa Hofmann, WELTjournal


„Wenn Sie dieses Video sehen, bin ich entweder tot oder in einer sehr, sehr schlimmen Lage“, sagt Latifa Al Maktoum, Tochter des Herrschers von Dubai und Regierungschefs der Vereinigten Arabischen Emirate, in einer Videobotschaft.

Im „WELTjournal“ haben wir ihre Flucht gezeigt: Mit dem Auto durch die Wüste in den angrenzenden Oman, mit einem Jetski in internationale Gewässer zu einer Yacht, mit der sie nach Indien übersetzen wollte. Doch der Fluchtversuch scheiterte: Bewaffnete Handlanger ihres Vaters holten das Schiff ein, stürmten es und verschleppten die junge Frau. Latifas Geschichte zeigt, wie Frauen im Nahen Osten nach wie vor in Unfreiheit leben, bis hinauf in die Herrscherhäuser. Auch in der Urlauber-Destination Dubai, dem nach außen weltoffenen, nach innen erzkonservativen Emirat am Golf. Europa ist dagegen ein Paradies – verglichen mit vielen Gegenden auf der Welt leben wir hier sicher und bequem. Wir haben die Freiheit, unser Leben im Rahmen der Gesetze so zu gestalten, wie wir es für richtig halten, wir können unsere Rechte einfordern, unseren Unmut kundtun, wir haben sauberes Trinkwasser, pünktliche U-Bahnen, unsere Kinder gehen zur Schule und haben genug zu essen. Das ist nicht selbstverständlich. Wer die Welt bereist, weiß das. Und wer sich die Welt übers öffentlich-rechtliche Fernsehen ins Wohnzimmer holt, weiß das ebenfalls.

Gleichzeitig steht Europa unter Druck wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Wirtschaftskrise, die Flüchtlingskrise und die Brexitkrise lassen sich leicht instrumentalisieren, um Zusammenhalt und Solidarität zu untergraben. Von Ungarn bis Italien, von Frankreich bis Polen, von Deutschland bis Schweden sind nationalistische und rassistische Bewegungen auf dem Vormarsch. Selbst in Ländern der EU gibt es wieder Angriffe auf den Rechtsstaat, auf soziale Errungenschaften, auf persönliche Freiheiten. Das gesellschaftliche Klima in Europa hat sich aufgeheizt. Gräben ziehen sich quer durch Gesellschaften, die vor wenigen Jahren noch von einem breiten Konsens getragen waren. Unliebsame Tatsachen werden von Präsidenten abwärts als „Fake News“ abgetan. Einschnitte ins Sozialsystem, die vor wenigen Jahren noch undenkbar waren, sind salonfähig geworden. Seriöse Information und kompetente Berichterstattung, wie sie nur unabhängiger, öffentlich-rechtlicher Journalismus bieten kann, sind ein unschätzbares Gut. In unruhigen Zeiten wie diesen sind sie demokratiepolitisch überlebenswichtig.

Die Flüchtlinge etwa, die 2015 nach Europa gekommen sind, sind eine Realität, mit der wir umgehen müssen. Die aber nicht zwangsläufig zum Vormarsch fremdenfeindlicher, antidemokratischer Kräfte führen muss. Angst und Aggression entstehen oft aus Unwissenheit und sind ein denkbar schlechter Ratgeber.

Umfassende Information ist die Voraussetzung für Meinungsbildung und für Entscheidungsfindung auch für die Politik. Zu wissen, dass Syriens Nachbar Libanon gerade einmal so groß ist wie Kärnten und mehr als eine Million Flüchtlinge aufgenommen hat, relativiert einiges. Zu wissen, dass sich viele erst auf den Weg gemacht haben, nachdem Europa Hilfsgelder zur Versorgung gekürzt hat und Hungersnöte ausbrachen, ebenfalls. Und zu wissen, dass viele aus erzkonservativen, patriarchalen Gesellschaften kommen, in denen Männer über alles bestimmen und gewohnt sind, sich zu nehmen, was sie wollen, ist für den politischen Diskurs unerlässlich.

Das „WELTjournal“ setzt alles daran, so sachlich und differenziert wie möglich zu berichten, alle Seiten aufzuzeigen, Mainstream-Meinungen zu hinterfragen, andere Blickwinkel zu zeigen. Wenn wir sehen, was in anderen Teilen der Welt passiert, wissen wir unsere Errungenschaften vielleicht wieder zu schätzen. Wenn wir sehen, wie gefährdet diese Errungenschaften auch in Europa wieder sind, wissen wir, wie wichtig es ist, sie Tag für Tag zu verteidigen. Von Latifa Al Maktoum, der entführten Prinzessin aus Dubai, gab es übrigens monatelang kein Lebenszeichen. Um Spekulationen, sie sei getötet worden, zu zerstreuen, veröffentlichte das Herrscherhaus schließlich einige Fotos. Latifa wirkt darauf seltsam abwesend. Es wird vermutet, die junge Frau wird medikamentös sediert – die Türe des goldenen Käfigs hat sich erneut geschlossen. •


Ein Satellit, der deinen Namen trägt, Günther Mayr, TV-Wissenschaftsredaktion abspielen
© Foto: ORF
Ein Satellit, der deinen Namen trägt
Günther Mayr, TV-Wissenschaftsredaktion
Thriller ohne Happy End, Christa Hofmann, WELTjournal abspielen
© Foto: ORF
Thriller ohne Happy End
Christa Hofmann, WELTjournal
Der Öffentlich-Rechtliche gehört uns allen!, Gabriella Hauch, Universität Wien abspielen
© Foto: Barbara Mair
Der Öffentlich-Rechtliche gehört uns allen!
Gabriella Hauch, Universität Wien
Wie Wissenschaft mit "Newton" erlebbar wird, Nadine Maehs, Wissenschaftsredakteurin gibt Einblicke abspielen
Wie Wissenschaft mit "Newton" erlebbar wird
Nadine Maehs, Wissenschaftsredakteurin gibt Einblicke