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Ein Satellit, der deinen Namen trägt

Günther Mayr, TV-Wissenschaftsredaktion


Europas Forschung muss gegen harte internationale Konkurrenz bestehen. Mit Hunderten Milliarden Euro werden Projekte gefördert. Immer öfter geht es darum, Bürgerinnen und Bürger mit an Bord zu holen.

Es sind ja meistens Berühmtheiten, nach denen Forschungsprogramme benannt werden. Zum Beispiel Europas Navigationssystem Galileo – im Namen des berühmten Astronomen werden insgesamt 30 Satelliten in naher Zukunft eine hochpräzise Ortung auf der Erde möglich machen. Einer dieser Satelliten trägt den Namen „Nicole“ – Namensgeberin ist in diesem Fall ein Mädchen aus der Steiermark. Nicole hat einen Malwettbewerb der Europäischen Weltraumagentur ESA gewonnen und durfte deshalb als Weltraum-Patin in Erscheinung treten. Am 12. Dezember 2017 startete „Nicole“ vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana ins All. Der ORF gestaltete ein Porträt der jungen Steirerin und stellte das milliardenschwere Galileo-Projekt in seinen Einzelheiten vor. Denn mit Galileo, mit „Nicole“ macht sich Europa unabhängig vom jahrzehntelang dominierenden (militärischen) US-Ortungssystem GPS. Ein kleines Beispiel für die Anstrengungen Europas und der EU, Forschung voranzutreiben und sie für Bürgerinnen und Bürger auch erlebbar zu machen.

Die Konkurrenz im Bereich von Wissenschaft und Forschung ist enorm. Europa setzt hier auf große Flaggschiffprojekte. Dafür werden einzelne Forschungsbereiche mit rund einer Milliarde Euro für zehn Jahre gefördert. Derzeit sind es drei große Gebiete, die im Fokus stehen und als sogenannte „Flagships“ die herausragende Wissenschaftskompetenz Europas hervorheben sollen.
Das menschliche Gehirn wird im „Human Brain Project“ (HBP) genau unter die Lupe genommen. Ziel ist es, das Gehirn modellhaft nachzubilden – dazu muss es genauestens vermessen und analysiert werden. Eine Mammutaufgabe, an der zahlreiche Forschungseinrichtungen arbeiten – für ein Gesamtbudget von 1,2 Milliarden Euro.
Die Forschung an der Quantentechnologie ist ebenfalls mit einer Milliarde Euro dotiert. Insgesamt sind mehr als 5.000 Wissenschaftler/innen beteiligt. Traditionell ist Österreich hier im Spitzenfeld vertreten. Anton Zeilinger und Markus Arndt von der Universität Wien haben hier in den letzten Jahren Bahnbrechendes geleistet – beide waren in zahlreichen Beiträgen und Dokumentationen des ORF zu sehen.
Das sogenannte „Wundermaterial“ Graphen wird im dritten Leuchtturmprojekt untersucht. Im Wesentlichen geht es darum, die einzelnen Schichten von Graphit zu untersuchen, die aus Kohlenstoffatomen aufgebaut sind. Bei einem Bleistift, der verschieden dicke Lagen Graphit auf Papier hinterlässt, besteht ein Millimeter Graphit aus drei Millionen Lagen Graphen. Diese sind aus Kohlenstoffatomen aufgebaut und bilden das dünnste, steifste und stärkste Material, das bisher gefunden wurde. Die Einsatzmöglichkeiten sollen in diesem Projekt erforscht werden.
2020 läuft das erfolgreiche Forschungsprogramm „Horizon 2020“ der Europäischen Union aus. Mehr als 77 Milliarden Euro werden am Ende in diesen riesigen Fördertopf geflossen sein – eine Milliarde davon ging an österreichische Einrichtungen, die mit 1.800 Einzelprojekten punkten konnten. Dabei sind drei Hauptsäulen im Fokus: Grundlagenforschung, industrielle Wettbewerbsfähigkeit und die Lösung gesellschaftlicher Probleme. Die Erfolgsbilanz fand auch ihren Niederschlag in den TV-, Radio- und Online-Angeboten des ORF. Vor allem die Grundlagenforschung profitiert von der EU-Strategie, die sehr stark auch auf Nachhaltigkeit setzt und nicht immer gleich den kommerziellen Nutzen als oberstes Ziel sieht. In der Berichterstattung des ORF zeigt sich immer wieder, dass Grundlagenforschung auch medial vermittelt werden kann, dass das Publikum durchaus versteht, wie wichtig genau diese Grundlagen sind, um Zukunft denken zu können. Globale Herausforderungen und industrielle Wettbewerbsfähigkeit sind ebenfalls große Schlagworte für die Forschungsstrategie Europas. Dabei stehen mehrere Schwerpunkte im Mittelpunkt: „Gesundheit“, „Inklusive und sichere Gesellschaft“, „Digitalisierung und Industrie“, „Klima, Energie und Mobilität“ sowie „Lebensmittel und natürliche Ressourcen“. Diese Auflistung zeigt schon, wie schwierig es ist, klare Abgrenzungen zu schaffen. Die globale Herausforderung Klimawandel ist wohl nicht immer gut in Einklang zu bringen mit der industriellen Wettbewerbsfähigkeit. Der ORF setzt hier Initiativen wie den „Klimaschutzpreis“ oder neuerdings die Plattform „MUTTER ERDE“ um zu zeigen, dass eine erfolgreiche Wirtschaft durchaus auch von Klimaschutzinitiativen profitieren kann. Der Erfolg dieser Initiativen zeigt, dass das hierzulande von vielen Menschen mitgetragen wird.

Für die Zukunft sind drei Großprojekte mit österreichischer Beteiligung auf einer Shortlist, die gute Chancen auf Verwirklichung haben. Im Programm „Livetime“ werden menschliche Zellen während einer Erkrankung genau unter die Lupe genommen. Ärztinnen und Ärzten soll es dadurch ermöglicht werden, den Zustand ihrer Patientinnen und Patienten bis auf die molekulare Ebene zu analysieren. Damit könnten zum Beispiel entstehende Krebszellen frühzeitig erkannt werden. Mit Jürgen Knoblich vom Institut für molekulare Biologie ist ein Stammgast in ORF-Sendungen mit an Bord dieses visionären Ansatzes. 250 Forschungsgruppen aus ganz Europa arbeiten an „CLAIRE“ – einem Verbund von Wissenschaftler/innen, die im Bereich der Künstlichen Intelligenz einen Wissenscluster etablieren. Beteiligt sind neun österreichische Universitäten – unter anderem die Universität Linz, in der gerade ein neuer Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz eingerichtet wurde. Durch die Zukunft in die Vergangenheit soll eine Art „Zeitmaschine“ führen, an der unter anderem die Österreichische Nationalbibliothek, die TU Wien und das Archiv-Netzwerk ICARUS beteiligt sind. Durch aufwendige Simulationen und Big-Data-Elemente soll es allen Europäer/innen möglich werden, virtuell durch die Geschichte des Stephansdoms, Venedigs oder Hallstatts zu reisen, um nur drei von vielen zu nennen. Die faszinierende Geschichte von Hallstatt wurde ja bereits in vielen ORF-Sendungen behandelt. Es bleibt spannend im Großraumlabor Europa. Der ORF wird ein Auge darauf haben und senden – so wie Nicole, der Satellit mit der steirischen Patentante. •


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