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Finanzierung im Digitalen

Alfred Grinschgl, ehem. Geschäftsführer der RTR


Ich war ja vor einigen Jahren beim Start von Netflix in Wien dabei. Das ist natürlich ein sehr erfolgreiches Produkt, insbesondere in den USA, etwas weniger auch in Europa. Sie bieten großartige und nicht gerade billige Filme und Serien an, die einen gewissen Zuspruch im Publikum finden, gerade in jenem jüngeren Publikum, dem die stets ziemlich gleiche – und häufig auch wiederholte – Kost der öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter nahezu zum Hals heraus hängt. Auch Amazon und einige weitere könnte man hier anführen. Aber ist das die ganze Fernseh-Geschichte, die uns ausschließlich gefallen sollte? Ich meine: eben nicht ...

Wo bleiben die Reportagen, Info-Sendungen, Diskussionen, Dokumentationen, wo bleiben etwa Spielfilme, die in historische Gegebenheiten hineinproduziert sind? Fernsehen sollte eben mehr bedeuten, als sich ausschließlich Spielfilme und Serien anzuschauen …

So gesehen halte ich die europäische und noch mehr die österreichische Diskussion über eine Digital-Strategie des öffentlich-rechtlichen Medienanbieters ORF nicht für grundsätzlich falsch, aber für eine Diskussion, in der Akzente viel zu spät oder gar nicht gesetzt werden. Wie lange wird schon über ein neues ORF-Gesetz gesprochen, mit der Möglichkeit, das lineare Fernsehen auch über digitale Kanäle jederzeit verbreiten zu können? Dass man sehen kann, wann und wo man immer ein Programm sehen will. Die Debatte ist wirklich skurril. Tageszeitungen werden Fernsehveranstalter bevor das Fernsehen, insbesondere das öffentlich-rechtliche, an gewisse digitale Möglichkeiten herankommt.

Man braucht sich nur das ORF-Gesetz aus dem Jahr 2010 ansehen: Die digitalen Möglichkeiten der Landesstudios etwa sind so haarsträubend gering ausgefallen, nämlich höchstens 80 Möglichkeiten pro Woche, dass man sich an den Kopf greift. Die TVthek darf nur sieben Tage nach der Live-Ausstrahlung nach dem Gesetz laufen, nicht etwa ein Jahr danach oder schon einige Monate davor. Wie ist das bei Amazon und YouTube? Jederzeit und immer und überall …

Im Sinne einer in Zukunft bestehenden Chance, öffentlich-rechtliche Fernsehsender auch in Österreich für das Publikum, speziell auch für das jüngere Publikum, relevant zu erhalten, sollten wir im ORF-Gesetz, das schon längst beschlossen sein sollte, so ziemlich alle digitalen Möglichkeiten dem ORF – und natürlich in den privaten Medien-Gesetzen auch den privaten TV-Anstalten – ermöglichen. Damit Österreich seine Eigenheit, seine spezielle Kultur und Lebensart auch behalten kann.

Ein wichtiger Punkt ist in diesem Zusammenhang auch die Finanzierung des ORF. Werbefinanzierung ist wichtig, aber zusätzlich sollte es eine Grundfinanzierung wie derzeit über die Rundfunkgebühren geben. Die derzeitige Finanzierung ist jedenfalls deutlich besser als eine über das Bundesbudget. Sehen wir uns die Budget-Finanzierung etwa in Spanien oder in den Niederlanden an: Erstens wurde die Finanzierung durch die Regierung deutlich gekürzt, gleichzeitig wurden auch die Zuschauerquoten wesentlich geringer.

Für die Zukunft wäre es jedenfalls besser, die Rundfunkgebühren in eine Haushaltsabgabe umzuwandeln, wie etwa in Deutschland oder in der Schweiz. Damit müsste wirklich jeder bezahlen, auch jene Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich am Gesetz vorbeigeschummelt haben, die Abgabe könnte ein wenig kleiner sein, als sie derzeit ist … und gleichzeitig bestünde auch die Chance, Teile der Haushaltsabgabe nach klaren Kriterien entweder dem ORF oder aber auch privaten Medienveranstaltern zur Verfügung zu stellen.


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