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Lisa Stadtherr und Paul Schmidinger, FH Campus Wien Corona ist auch regional Warum der ORF in der Corona-Krise seinen Auftrag erfüllt

Ein sehr wichtiges Gut in Zeiten von Krisen war stets der Zugang zu Informationen. In Krisen besteht in der Bevölkerung ein sehr hohes Informationsbedürfnis. Im Jahr 2020 ist nicht mehr der Zugang zu Informationen der befriedigende Faktor, sondern ihre Qualität und Glaubwürdigkeit. Dies zeigt sich besonders in der Corona-Krise, in der Beiträge auf den diversen sozialen Netzwerken in Massen produziert werden – Fake News, Halbwissen und Halbwahrheiten verbreiten sich wie ein Lauffeuer durch die Welt der Bits und Bytes. Pro Sekunde befeuern 11 Millionen Bit unser Gehirn mit Informationen. Der Mensch ist im Stande, 40-100 Bits pro Sekunde bewusst zu verarbeiten.1 Diese Fülle an Informationen erzeugt eine massive Reizüberflutung gepaart mit Verunsicherung und Angst und der Schwierigkeit, die Qualität der Informationen, die ständig auf die Menschen einprasseln, einzuschätzen. Und genau das ist die Basis für das Comeback der klassischen Medien.

Warum sind klassische Medien in der aktuellen Krise wichtig?
Generell werden unter klassischen Medien Funkmedien wie Radio und Fernsehen, Druck- und Pressemedien, also Zeitungen, Zeitschriften und Bücher, sowie Bild- und Tonträgermedien verstanden.2 Es fallen in diese Kategorisierung sowohl die öffentlich-rechtlichen Medien wie die privaten. Eine für die österreichische Bevölkerung repräsentative Panelstudie von Forscher*innen des Vienna Center for Electoral Research der Universität Wien im Zeitraum von 27. März bis 30. März 2020 hat gezeigt, dass die Mehrheit der Befragten (80%) sich mindestens einmal täglich über eine oder mehrere klassische Nachrichtenmedien informiert.3 Die Zahlen beinhalten sowohl die öffentlich-rechtlichen als auch die privaten Medien. Dieses Faktum ist als Verantwortung gleichermaßen wie als Chance zu verstehen. Das Vertrauen der Menschen in die klassischen Medien und somit ihre Deutungshoheit von Informationen ist in dieser Krise fulminant gestiegen.4 Die Rolle der Redaktionen ist es, Informationen für die Bevölkerung aufzubereiten, zu recherchieren, Neues aufzuspüren und den Wahrheitsgehalt zu überprüfen, Fakten zu checken und Expert*innen unterschiedlicher Disziplinen zur Informationsgewinnung und Kategorisierung zu interviewen. Sie fungieren als Filter, als Gatekeeper in der Fülle verfügbarer Informationen. Aber, wie unterscheiden sich die öffentlich-rechtlichen von den privaten Medien?

Was macht den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Krise besonders?
Im Österreich gibt es, neben etlichen kleineren Sendern, insbesondere zwei Sendergruppen: den ORF und die ProSiebenSat.1PULS4 Sendergruppe. Im TV-Marktvergleich ist klar ersichtlich, dass die ORF-Sendergruppe den Ton angibt. Während die vier Österreich-Sender der ProSiebenSat.1PULS4-ATV Sendergruppe im März auf 8,2 Prozent Marktanteil5 kommen, kommt die ORF-Sendergruppe auf einen Wert von 36,1 Prozent, das entspricht 61,5 Prozent der TV-Bevölkerung. Das zeigt sich auch in den Reichweiten einzelner Sendungen, beispielsweise erreichte die Zeit im Bild am 15. März eine Reichweite von 2,86 Millionen bei 67 Prozent Marktanteil. Damit erreichte laut ORF diese auf allen vier ORF-TV-Sendern durchgeschaltete Sendung den Höchstwert aller ORF-Sendungen seit Einführung des Teletests im Jahr 1991.6 Ein weiterer eklatanter Unterschied zu den Privatsendern liegt in den zur Verfügung stehenden Ressourcen. Der ORF beschäftigt etwa 3.000 Mitarbeiter*innen, 9 Landesstudios und verwaltet dabei ein Budget von knapp einer Milliarde Euro.7 Das Budget der ProSiebenSat.1PULS4 Sendergruppe wird vom langjährigen Medienjournalisten Harald Fidler auf 185 Millionen Euro geschätzt.8 Durch diese Situation kommt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch eine besondere Verantwortung zu. Zudem verfolgen die Privaten verständlicherweise finanzielle Interessen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist das einzige nicht-gewinnorientierte trimediale Angebot, das via Bundesverfassungsgesetz als öffentliche Aufgabe definiert wurde.

Das Informationsangebot des ORF (Nachrichtensender und Onlineangebote) ist auch in der Corona-Krise die meistgenutzte Informationsquelle und für die Befragen von besonderer Bedeutung.9 Interessant ist hierbei, dass sich sowohl Hoch- als auch Niedrigrisikogruppen eher über klassische Nachrichtenmedien als über soziale Medien informieren – Hochrisikogruppen10 nutzen allerdings klassische Medien mit höherer Frequenz, während soziale Medien (Facebook, Instagram, Youtube, Whatsapp) eher von der Niedrigrisikogruppe genutzt werden.11 Das bestätigt die Annahme, das der ORF als vertrauensvoller Kanal in der Hochrisikogruppe sehr intensiv verankert ist, das aber auch Personen mit niedrigem Risiko den ORF und seine Onlineangebote als zuverlässigste Informationsquelle nutzen. Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird also die Deutungshoheit in Zeiten der Krise zugestanden.

Die Krise zeigt: ORF-Landesstudios erhalten
Zudem ist der ORF durch das Betreiben der Landesstudios das einzige bundesweite Angebot, das auch ein regionales und dezentrales Angebot bietet. Gerade aufgrund der unterschiedlichen Regelungen in den Bundesländern im Rahmen der Corona-Krise, wie dies exemplarisch an Tirol sehr gut sichtbar wird, ist eine bundesländerspezifische Diversifikation des Informationsangebots notwendig und sinnvoll. Das kann in Österreich nur der ORF leisten.


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Fußnoten:

1 Vgl. Braun 2019, o.S.
2 Vgl. Trepte/Reineke 2018, S. 14.
3 Vgl. Lebernegg et. al. 2020, o.S.
4 Vgl. Gallup 2020, o.S.
5 ProSiebenSat.1 PULS 4 2020, o.S.
6 ORF 2020, o.S.
7 ORF 2020, o.S.
8 Fiedler 2020, o.S.
9 Vgl. Lebernegg et. al. 2020, o.S.
10 alle Personen, die 65-Jahre oder älter sind, sowie all jene, die angeben an einer relevanten Vorerkrankung zu leiden, wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Hepatitis B, chronische obstruktive Lungenerkrankung, chronisches Nierenversagen, Krebs (vgl. Lebernegg et. al. 2020, o.S.)
11 Vgl. Lebernegg et. al. 2020, o.S.
Quellenverzeichnis

Braun, Rüdiger (2019): Unsere 7 Sinne. Die Schlüssel zur Psyche, Random House ebook: München.

Das Österreichische Gallup Institut (2020): Gallup Stimmungsbarometer Corona. Wie gut fühlen sich die ÖsterreicherInnen von den Medien über Corona informiert, https://www.gallup.at/fileadmin/documents/PDF/marktstudien/23250_Coronavirus_Medien_FINAL.pdf (zuletzt aufgerufen am 08.04.2020).

Donges, Patrick (o.J.): Medien als Institution und ihre Auswirkungen auf Organisationen. Perspektiven des soziologischen Neo-Institutionalismus für die Kommunikationswissenschaft, https://www.zparl.nomos.de/fileadmin/muk/doc/Aufsatz_06_04.pdf (zuletzt aufgerufen am 07.04.2020).

Fiedler, Harald (2020): Größte Medienhäuser Österreichs, https://diemedien.at/das-wichtigste-fuer-eilige-player-themen-was-war-wann/groesste-medienhaeuser-oesterreichs/?v=fa868488740a (zuletzt aufgerufen am 08.04.2020).

Lebernegg, Noelle S./ Eberl, Jakob-Moritz/ Boomgaarden, Hajo G./ Partheymüller, Julia (2020): Alte und neue Medien: Informationsverhalten in Zeiten der Corona-Krise, https://viecer.univie.ac.at/blog/detail/news/alte-und-neue-medien-informationsverhalten-in-zeiten-der-corona-krise/?tx_news_pi1[controller]=News&tx_news_pi1[action]=detail&cHash=93fb8206834c14369dc86675761ba8b7 (zuletzt aufgerufen am 07.04.2020).

ORF Medienforschung (2020): ORF Fernsehen im März 2020, https://der.orf.at/medienforschung/ (zuletzt aufgerufen am 07.04.2020).

ORF (2020): Programm für Österreich, https://der.orf.at/unternehmen/der-orf100.html (zuletzt aufgerufen am 07.04.2020).

ProSiebenSat.1 PULS4(2020): Quartal- und Monatsrekord für PULS 4 und Newssender PULS 24, http://www.prosiebensat1puls4.com/content/beitrag/20200401_quoten_maerz.html (zuletzt aufgerufen am 07.04.2020).

Trepte, Sabine / Reinecke, Leonard (2018): Medienpsychologie. 2. Auflage, Kohlhammer Verlag: Stuttgart.