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Konrad Mitschka Public Value-Bericht
Zu den entscheidenden Distinktionsmerkmalen öffentlich-rechtlicher Medien gegenüber kommerziellen Anbietern gehört ihre Gemeinwohlorientierung, ihr Public Value. Ihre Ziele sind eben nicht die Maximierung der Gewinne einzelner, sondern Werte, die den demokratischen, sozialen und kulturellen Zusammenhalt der Gesellschaft stützen. Für den Erdenker des Begriffs, Mark Moore, ist Public Value mit dem öffentlichen Wesen der Public Value erzeugenden Institution verbunden. Moore beschrieb das Public Value-Konzept 1995 mithilfe von vier wesentlichen Fragen:
→ Wie sehr vertrauen die Bürger:innen einer Institution?
→ Wie verbessert eine Institution die Gesellschaft?
→ Wie wird der Wert der Leistung beurteilt?
→ Wie effizient ist die Institution?

Die BBC transformierte das Konzept zu Beginn der Nuller Jahre im Hinblick auf den Mediensektor. Wenig später folgte der ORF. Er dokumentiert seither die Erfüllung seines Kernauftrags jährlich im Public Value-Bericht, der in gedruckter Variante an Regulierungsbehörde, Politik, Wissenschaft, Medien und weitere relevante Stakeholderinnen und Stakeholder ergeht sowie online in adaptierter Form auf zukunft.ORF.at veröffentlicht wird.

Der mehrfach preisgekrönte Public Value-Bericht ist in fünf Qualitätsdimensionen und 18 Leistungskategorien gegliedert, die sich aus den für die ORF-Medienproduktion verbindlichen Regulativen herleiten. So ergibt sich beispielsweise aus dem Auftrag zur Objektivität (Der ORF hat für "eine objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten … zu sorgen") die Leistungskategorie "Vertrauen", aus dem in Gesetz und Programmrichtlinien mehrfach erwähnten Vielfaltsgebot ("Vielfalt der Interessen des gesamten Publikums"; "Respektierung der Meinungsvielfalt") die Leistungskategorie "Vielfalt" oder aus diversen Vorschriften zur Anregung der Kreativwirtschaft ("Als Auftraggeber und häufig Erstveröffentlicher künstlerischer Werke und wissenschaftlicher Erkenntnisse soll der ORF einen Beitrag zum Kulturgeschehen leisten.") die Leistungskategorie "Wertschöpfung" etc. Die 18 Leistungskategorien fasst der Bericht in fünf Dimensionen zusammen. Diese drücken den "individuellen Wert" - also den Nutzen des ORF für die einzelne Bürgerin, den einzelnen Bürger - ebenso aus wie seinen Wert für die Gesellschaft, für Österreich, für die europäische Integration und - im Sinne der österreichischen Rundfunkteilnehmer:innen bzw. Haushalte als Auftraggeber: innen - den "Unternehmenswert". Die Dimensionen und Kategorien lauten insgesamt:
→ Individueller Wert (Vertrauen, Service, Verantwortung, Unterhaltung, Wissen)
→ Gesellschaftswert (Orientierung, Vielfalt, Bürgernähe, Integration, Kultur)
→ Österreichwert (Identität, Föderalismus, Wertschöpfung)
→ Internationaler Wert (Europäische Integration, globale Perspektive)
→ Unternehmenswert (Transparenz, Innovation, Kompetenz)

Alle Kategorien stellen auf die Unverwechselbarkeit des Inhalts und auf die in der Regel anspruchsvolle Gestaltung bzw. die hohe Qualität der Programme ab. Der Public Value-Bericht dokumentiert die ORF-Leistung möglichst umfangreich und sowohl quantitativ wie auch qualitativ. Jährlich wiederkehrend wird etwa die Anzahl der Sendestunden der TV-Information, die Anzahl der Radionachrichten und die Anzahl der Storys auf ORF.at in der Leistungskategorie "Vertrauen" publiziert. Die Kategorie "Verantwortung" stellt die Leistungen des ORF zu Barrierefreiheit mit Hilfe von Zahlen dar. Im Bereich "Wissen" wird ebenso wie in anderen Kategorien die Anzahl der Beiträge bzw. Sendungen zu einem bestimmten Stichwort veröffentlicht, die Kategorie "Wertschöpfung" weist z. B. Wettbewerbe aus, die, u. a. vom ORF ausgerichtet, die intellektuelle Wertschöpfung in Österreich anregen sollen etc. Neben Zahlen und einer Auswahl verschiedener anderer Daten, z. B. von ORF-Mitarbeiter:innen gewonnene Auszeichnungen, preisgekrönte Filme und Serien, Schulungen, die die Kompetenz der ORF-Mitarbeiter:innen stärken sollen, dokumentiert der ORF seine Auftragserfüllung auch qualitativ. Dazu lädt das Public Value-Kompetenzzentrum jedes Jahr insbesondere Vertreterinnen und Vertreter aus ORF-Bereichen ein, die hochwertige Produktionen, erkennbar etwa durch Auszeichnungen oder originelle bzw. innovative Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags, gestaltet haben. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ORF, meist Redakteur:innen, oft Führungskräfte, erläutern ihre Qualitätsvorstellungen, um den Rezipient:innen Aufschluss über redaktionelle Anhebung zu ermöglichen. Die Auswahl der Autorinnen und Autoren liest sich wie ein Who is Who preisgekrönter Medienarbeit: Armin Wolf, Martin Thür, Dieter Bornemann, Zoran Dobric und Hanno Settele sind genauso dabei wie Sabine Weber, Elisabeth Scharang, Barbara Battisti oder Christa Hofmann und viele mehr.

Doch der Public Value-Bericht veröffentlicht auch immer wieder externe Stimmen. Die Wissenschaft war etwa mit Matthias Karmasin, Larissa Krainer, Thomas Steinmaurer und Corinna Wenzel aus Österreich ebenso vertreten wie mit Graham Murdock, Gabriele Siegert, Werner Weidenfeld oder Mark Eisenegger und Kurt Imhof aus internationalen Forschungsinstitutionen. Zahlreiche Medienvertreter:innen, etwa VÖZ-Präsident Thomas Kralinger, Anna Maria Wallner ("Die Presse"), Armin Thurnher ("Falter"), Hubert Huber vom "Kurier" oder Amy Goodman aus den USA haben ebenso zum Verständnis öffentlich-rechtlicher Qualität beigetragen wie prominente Repräsentantinnen und Repräsentanten der Zivilgesellschaft, etwa Cornelius Obonya, Benni Raich, Michael Landau oder Martin Schenk. Die Liste der Autorinnen und Autoren, die ihren normativen oder bewertenden Beitrag zu öffentlich-rechtlicher Qualität liefern, wird jedes Jahr umfangreicher, was dem Umstand Rechnung trägt, dass Fragen der Medienqualität in einem disruptiven Veränderungen unterworfenen Markt von zunehmender Bedeutung sind. Letztlich gibt jeder Beitrag eine eigene Antwort auf die Frage, wem insbesondere öffentlich-rechtliche Medien wie nutzen, wie das Vertrauen in öffentlich-rechtliche Medien gewährleistet sein kann, wie effizient der ORF handelt, schließlich: Welche Werte es sind, die auf verschiedene mediale Weise dem demokratischen, sozialen und kulturellen Zusammenhalt der Gesellschaft nutzen - und sorgt so dafür, dass der Diskurs zur öffentlich-rechtlichen Qualität den Public Value von morgen zu sichern hilft.