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Mag.a Edith Rehberger Programmstrukturanalyse des ORF-Radioprogramms Gemäß § 4 des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk besteht der öffentlich-rechtliche Kernauftrag des ORF darin, ein umfassendes "Gesamtprogramm von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle" anzubieten. Dabei hat der ORF mit all seinen Angeboten in Radio, Fernsehen und Online mehr als 400 Stunden Programm am Tag zu verantworten und, laut Kernauftrag, die vielfältigen Interessen von Hörer:innen und Seher:innen in einem ausgewogenen Maß zu berücksichtigen.

Das ORF-Gesetz regelt darüber hinaus auch die Sicherstellung dieses Programmauftrags und sieht hierfür unterschiedliche Methoden und Analyseverfahren vor. Unter anderem ist gesetzlich festgehalten, eine Programmstrukturanalyse für das Fernseh- und Radioprogramm durchzuführen. Die APA-DeFacto Datenbank & Contentmanagement GmbH wirkt nun seit Jahren als unabhängiges Institut an diesem Qualitätssicherungsprozess mit.

APA-DeFacto ist eine hundertprozentige Tochter der APA - Austria Presse Agentur und österreichische Marktführerin im Bereich Media Intelligence. Sie bietet ihren Kund:innen ein umfangreiches Monitoring- und Analyse-Portfolio und agiert nach den APA-Statuten unabhängig, faktenbasiert, zuverlässig und ausgewogen. Seit 2018 erstellt APA-DeFacto für den ORF eine jährliche Inhaltsanalyse zum Sendeprogramm aller ORF-Radiosender.

Von Beginn an führt das Team Medienanalyse der APA-DeFacto - unter der Projektleitung von Michael Grosz, MSc und der wissenschaftlichen Begleitung von Privatdozentin DDr. Julia Wippersberg - diese Untersuchung durch und gewährleistet dadurch langfristige Vergleichbarkeit und Kontinuität in der Analyse. Methodisch arbeitet APA-DeFacto nach der sozialwissenschaftlichen Methode der semantischen Inhaltsanalyse. Dabei werden formale, quantitative Aspekte (u. a. Anzahl und Dauer von einzelnen Beiträgen) mit inhaltlichen, qualitativen (Codierung von inhaltlichen Kategorien) kombiniert. Diese Methodik stellt eine international etablierte Analysetechnik zur intersubjektiven Evaluierung und Messung des Informationsgehaltes von Medieninhalten dar. Dabei wird stets die wahrgenommene und veröffentlichte Realität abgebildet und die Sicht der Rezipient:innen eingenommen.

Die Operationalisierung der Analyseparameter erfolgt anhand eines detaillierten Codebooks. Dieses stellt ein umfassendes Regelwerk zum Untersuchungsgegenstand dar und beinhaltet Informationen zur Untersuchungsperiode, zu den relevanten Sendern, zur Definition der unterschiedlichen Codierebenen sowie zu allen Kategorien, Themen und sonstigen Besonderheiten. Zur Untersuchung gelangen die bundesweiten Sender Ö1, Ö3 und FM4 sowie die neun Regionalradio-Sender Radio Burgenland, Radio Kärnten, Radio Niederösterreich, Radio Oberösterreich, Radio Salzburg, Radio Steiermark, Radio Tirol, Radio Vorarlberg und Radio Wien sowie das über Kurzwelle verbreitete Radio Ö1 International.

Die Untersuchungsperiode der Analyse erstreckt sich über eine "typische" Kalenderwoche jeweils im September eines Jahres. Bei der Auswahl der Untersuchungswoche wird darauf geachtet, dass diese möglichst frei von programmbeeinflussenden Ereignissen und damit möglichst "typisch" für das Radioprogramm der einzelnen Sender ist. Während der Untersuchungswoche werden alle untersuchungsrelevanten Sender rund um die Uhr - das entspricht 10.080 Minuten pro Sender - auf APA-internen Servern mehrfach und ausfallsicher aufgezeichnet. Die Codierung erfolgt in einem ersten Schritt auf "Beitragsebene". Dabei wird jeder Sender einzeln bearbeitet und die 7×24 Sendungsstunden in einzelne thematische Einheiten oder Beiträge "geschnitten". Für die Codierung wird dabei unterschieden nach Wort, also jeglichem gesprochenen Teil des Programms inkl. jeglicher Form von Nachrichten, und Musik. Jedem Wortelement wird in weiterer Folge eine thematische Detailkategorie zugeteilt, diese werden wiederum in die folgenden acht Überkategorien geclustert:
→ Information
→ Kultur
→ Religion/Ethik
→ Wissenschaft/Bildung
→ Service/Verkehr/Wetter
→ Sport
→ Familie/Gesellschaft
→ Unterhaltung

Codiert, aber nicht in die Gesamtauswertung eingehend, wird jegliche Form von Werbung (kommerzielle Werbung, Sozialspots, Eigenwerbung, Signations/ Jingles). Ähnlich erfolgt die Vorgehensweise bei Musikbeiträgen. Auch hier werden Detailkategorien codiert, welche dann für die Berichtslegung zu sechs Überkategorien aggregiert werden:
→ Alternative
→ Ernste Musik
→ Oldies/Evergreens
→ Pop
→ Unterhaltungsmusik/Schlager
→ Volksmusik/Weltmusik

Eine Besonderheit im Bereich der Musikcodierung stellt ein eigens für die Programmstrukturanalyse entwickeltes Tool von APA-DeFacto zur automatisierten Vorkategorisierung von bereits in der Vergangenheit gespielten Musikstücken dar. Dieses stetig wachsende Musikarchiv stellt die Vergleichbarkeit von Titeln und dazugehörenden Genres sowohl senderübergreifend als auch über die Jahre hinweg sicher. Zusätzlich zur Analyse auf "Beitragsebene", wo Wort- und Musikanteile getrennt betrachtet werden, wird beginnend mit 2022 eine zusätzliche Inhaltsanalyse für alle ORF-Radios durchgeführt. Über die Codierung auf der Ebene von "Sendungen" oder Sendeflächen fließen die Wort- und Musikanteile gesamthaft in die Codierung ein. Je nach Schwerpunkt der "Sendung" erfolgt eine Codierung nach:
→ Information
→ Kultur
→ Unterhaltung
→ Sport

Vor dem Start der Codierung erfolgt die Aufbereitung des aufgezeichneten Datenmaterials. Dabei wird das Programm für jeden Sender auf Vollständigkeit und Korrektheit überprüft. Gegebenenfalls wird auf Back-up-Material zurückgegriffen, um die gesamte Sendezeit für jeden Sender vollständig und akkurat abbilden zu können. APA-DeFacto verfügt hierfür über ein Produktionstool, das direkt auf die Datenbank der APA zugreift und so Datenerhebung und Codierung in einem Schritt ermöglicht. Dieses Tool ermöglicht auch bereits eine erste technische Qualitätssicherung und sorgt für eine lückenlose Datenqualität. Für die Analyse wird ein Team aus mehreren Coder:innen mit langjähriger Erfahrung herangezogen, die für die Bearbeitung von jeweils ein bis zwei Sendern verantwortlich sind. Dabei werden sowohl Interessen als auch Hintergrundwissen der eingesetzten Coder:innen berücksichtigt. Eine gewisse Anzahl an mitwirkenden Kolleg:innen ermöglicht einerseits Ausfallsicherheit und andererseits einen intersubjektiven Informationstausch im Sinne des "Mehr- Augen-Prinzips". Neben einer umfassenden Projekteinschulung erfolgt zudem eine laufende Begleitung des Codierprozesses durch die Projektleitung sowie regelmäßige Feedback-Gespräche.

Zur Sicherstellung der Qualitätsstandards werden darüber hinaus regelmäßige Intercoder-Reliabilitätstest eingesetzt. Die bereits während des Codierprozesses stattfindende sowie nachträgliche Kontrolle der codierten Daten ist ein methodischer Standard von APA-DeFacto und die zentrale Säule des institutionalisierten Qualitätsmanagements. Hier wird das gesamte Datenmaterial nochmals auf Validität und Reliabilität geprüft. Die Ergebnisse der Programmstrukturanalyse Radio werden in der Analyse auf "Beitragsebene" einzeln nach allen ORF-Radiosendern in tabellarischer Form getrennt nach Wort- als auch Musikinhalten für die vorgegebenen Kategorien dargestellt. Zusätzlich werden ab 2022 die Daten für die Auswertung auf "Sendungsebene" auch in einer Betrachtung für alle Radios gesamt nach den vier im ORF-Gesetz verankerten Kategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport aggregiert.

All diese Daten werden jedes Jahr im ORF-Jahresbericht veröffentlicht. Die Programmstrukturanalyse Radio ist damit im Besonderen ein wichtiges Instrument zur Sicherstellung der Ausgewogenheit der ORF-Radioangebote und damit letztlich auch ein Nachweis der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrag.