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Albert Malli Innovation – ORF-SOUND Gleich zur Einleitung darf Entwarnung gegeben werden. Sieht man Junge oder gar die eigenen Kinder unentwegt am Handy, entsteht schnell der Eindruck, dass sich diese Generation von den klassischen Medien verabschiedet hat. Alles, was für sie wichtig oder relevant ist, findet - auch dank kluger Algorithmen - ohnehin den Weg zu ihnen. "Papa weißt du, dass in der Ukraine der Krieg ausgebrochen ist?" So weckt mich meine Tochter am Tag des Kriegsausbruchs. Ich weiß es noch nicht. Ich antworte als klassischer Mediennutzer: "Wir hören uns jetzt das '7-Uhr-Journal' auf Ö3 an, dann werden wir es wissen". Leider hatte Alma recht. Auf "TikTok" wurde zu diesem Zeitpunkt schon heftig diskutiert, ob man im Falle, dass man mit den Eltern zur Flucht gezwungen wäre, sein Haustier mitnehmen würde. Alma fragt mich, ob wir unsere Katze 'Daisy' zurücklassen würden. Ich will daran gar nicht denken.

Junge sind tatsächlich nicht uninformiert, denn das, was wirklich wichtig ist, findet auch über die sozialen Medien den Weg zu ihnen. Trotzdem darf, wie eingangs erwähnt, Entwarnung gegeben werden. Der letzte Radiotest hat gezeigt, dass in Summe sogar wieder etwas mehr Radio gehört wird. Die Gattung Radio ist lebendig wie nie oder alles andere als tot. Nicht wie bisher haben die Hörer:innen über 35 noch mehr und länger Radio gehört, es waren sogar die 12- bis 29-Jährigen und die 29- bis 49-Jährigen. Es wird nicht nur von vielen Menschen Radio gehört, sondern im Durchschnitt auch sehr lange, knapp 200 Minuten an einem Wochentag. Davon können andere Mediengattungen nur träumen. Dieser positive Trend für das Radio ändert aber nichts an Entwicklungen, die unaufhaltbar sind und sich im letzten Jahrzehnt über die Hintertüre in unser Leben geschlichen haben.

Das Schlagwort lautet Digitalisierung und sie ist unaufhaltbar und sie treibt uns in einem Tempo voran, dass wir nicht alle und nicht alle Branchen mithalten können. Junge nutzen völlig selbstverständlich Musik-Streaming- Dienste wie "Spotify". Die Videoplattform "YouTube" ist für sie ein maßgeblicher Kanal, um Musik zu entdecken. Für sie ist es unvorstellbar, dass die Elterngeneration Musik aus dem Radio auf Musikkassetten aufgenommen hat und sich einen Tag lang darüber gefreut hat, wenn der Moderator nicht in die Musik hineingeredet hat. Musikkassetten werden heute als kurioser Gegenstand aus der Vergangenheit auf "TikTok" oder "Instagram" belächelt: "Wenn Du weißt, was das ist, schenke uns ein 'Like' ". Auch meine Tochter lächelt milde. Alles, was ein Radiosender zu bieten hat, findet sie auch in ihrem Smartphone, das sie seit der Volksschulzeit begleitet: Nachrichten, Wetter, Verkehr, alle Lieblingssongs. Ein Smartphone kann heute mehr Songs speichern, als ein Radiosender in der Rotation hat. Aber, wozu speichern? Always on bedeutet, dass ohnehin alle Inhalte gestreamt werden.

Wie will da der ORF mit seinen öffentlich-rechtlichen Audio- Inhalten punkten? Die Antwort ist ORF SOUND. Hier wird alles, was das ORF-Radio zu bieten hat, in einer völlig neuen Form dargeboten. SOUND folgt nicht der linearen Logik eines Radiosenders, wo Inhalte einem Sendeschema folgend nacheinander angeboten werden, sondern funktioniert wie eine Plattform. Alles ist gleichzeitig verfügbar. Inhalte werden attraktiv bebildert und nach Themen geordnet angeboten. Die Sendermarken treten ein wenig in den Hintergrund, verschwinden aber nicht ganz, weil die besonders starken ORF-Radiomarken Orientierung liefern, den älteren User:innen noch mehr als den jüngeren. Die User:innen wissen genau, was sie von "Ö1", "Hitradio Ö3" oder "FM4" erwarten dürfen. Die Anordnung der Audiobeiträge auf SOUND ist dennoch inhaltsgetrieben. Eine Themenleiste etwa zum Klimawandel enthält Beiträge aller ORF-Radios. Zu den großen Themen des Tages wird auch der "Runde Tisch" aus dem Fernsehen oder das Studiogespräch aus der "ZiB 2" angeboten. Ohne Bild selbstverständlich.

Dieses User:innenbedürfnis wurde schon in der Entwicklungsphase von SOUND berücksichtigt. Wer mit dem Bus zur Arbeit fährt, möchte das am Abend versäumte Studiogespräch aus der "ZiB 2" nachhören. Er/sie muss die Gäste nicht zwingend sehen, weil er/sie die Gesichter ohnehin kennt. Dass SOUND auch Inhalte aus dem Fernsehen (ohne Bild) anbieten darf, ist eine der Weiterentwicklungen seines offiziellen Vorgängers, der "ORF-Radiothek". SOUND kann alles, was die Radiothek auch konnte; man kann nach Beiträgen suchen und wird sie dank gut programmierter Suchfunktion auch finden. Leider gilt (wie in der ORF-TVthek) die Einschränkung noch immer, dass nur Audioinhalte angeboten werden dürfen, die nicht älter als sieben Tage sind. Hier bemüht sich der ORF seit Jahren um eine Lockerung im Sinne der User:innen und Beitragszahler:innen, die für den Content ja schon bezahlt haben. Warum sollen sie ihn nicht auch ein halbes Jahr später anhören dürfen? Auch hier kann ein Stück weit Entwarnung gegebenen werden. Ein Großteil der Radiobeiträge, die zeitversetzt angehört werden, ist nur wenige Stunden alt. Das betrifft besonders das "Ö1-Journal" um 12 Uhr. Hier wird die Sendung größtenteils zeitversetzt angehört, während sie noch läuft. Die Gewohnheit, sich das "Ö1-Journal" zu Mittag anzuhören, ist noch weit verbreitet, aber dank der Radiothek haben auch ältere User:innen gelernt, dass sie nicht pünktlich einschalten müssen. Wer zu spät d'ran ist, kann die Sendung auch fünf Minuten nach zwölf Uhr komplett anhören und hat beim Gassigehen mit dem Hund keine Eile. Apropos "Ö1-Journal". Diese Sendung spielt auch bei den jüngeren Hörer:innen, für die SOUND da sein will, eine große Rolle. Bei der Befragung nach den User:innenbedürfnissen in der Entwicklungsphase sind uns wiederholt sehr junge Menschen begegnet, die angeben, Musik vorwiegend über Musik- Streaming-Dienste wie "Spotify" zu hören, die wenig Radio hören, aber sich zumindest einmal am Tag das "Ö1-Journal" anhören ("reinziehen" wie es die Userin formuliert hat), genau dann, wann sie dafür Zeit haben. Das tun sie heute mit der App ORF-SOUND.

Diese Studie bestätigt auch, dass das Interesse an seriöser und seriös aufbereiteter Information, an öffentlich-rechtlichen Inhalten, weiterhin besteht, auch bei Jungen. SOUND darf programmbegleitend Audioinhalte und Podcasts anbieten, die nicht 1:1 gesendet werden müssen. Dank SOUND gibt es den empfehlenswerten Podcast "China verstehen" vom ORF-China-Korrespondenten Josef Dollinger. Raffaela Schaidreiter liefert mit großem Engagement zwischen ihren TV-Auftritten für SOUND exklusiv den Podcast "Inside Brüssel". Den mit Abstand erfolgreichsten Podcast im ersten Jahr von SOUND haben sich der ZiB 2-Anchor Armin Wolf und der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier einfallen lassen. Sie haben sich für SOUND im Radiostudio von FM4 getroffen, um einmal ohne Sakko, dafür ganz grundsätzlich über Politik zu reden: Wie funktioniert Österreich eigentlich? Wer ist für die Gurkenkrümmungsverordnung verantwortlich? Wieso gibt es neun Bundesländer? Warum ist das Verhältnis von Politik und Medien so schwierig? Der erfolgreiche Podcast "Der Professor und der Wolf" ist Monate später auch als Buch erschienen. Der "meistgeklickte" Beitrag auf der SOUND-Startseite hat es auch in die Bestellerlisten für Sachbücher geschafft. Ist SOUND auch ein Angebot für Junge, die Musik hören wollen? SOUND ist kein Musik-Streaming-Dienst, SOUND bietet aber eine Fülle von Musikstrecken aus dem Radio mit dem klaren Vorteil, dass hier die Musik nicht vom Algorithmus vorgeschlagen wird, sondern von den besten DJs des Landes, die dazu auch etwas zu sagen haben. Wer Musik-Streaming- Dienste nutzt, beklagt nach anfänglicher Euphorie oft, dass hier etwas fehlt, nennen wir es die Wärme und Intimität des Radiostudios. Hier ist auch jemand. SOUND will daher auch Junge einladen, SOUND zu nutzen, um ihre Lieblingsmusik anzuhören und neue Songs zu entdecken. Inhalte mit Musik sollten künftig noch klarer ausgeschildert werden.

SOUND wurde im September 2022 gelauncht, SOUND ist aber nicht fertig, genauer: SOUND wird nie fertig. SOUND wird dank eines jungen innovativen Teams, bestehend aus UX-Designer:innen und Programmierer:innen des ORF laufend weiterentwickelt. SOUND ist auch technisch zu 100 % "Made in Austria". Das Feature "Mein SOUND" ist gerade gelauncht worden; User:innen können sich Beiträge in einen persönlichen Korb legen und später anhören. SOUND ist für die gängigen "Car Play"-Anwendungen aufgerüstet worden und funktioniert daher auch in der Mittelkonsole des Autos. Warum wird SOUND nie fertig? Weil das ein Grundgesetz für mobile Anwendungen ist; sie werden nicht wie ein Haus gebaut und dann bezogen, sie nehmen als Onlineanwendung auf User:innenwünsche kontinuierlich Rücksicht und werden laufend weiterentwickelt. In einem Jahr kann ich im nächsten Band des Public Value-Berichtes berichten, welche Features wir noch eingebaut haben, um die Audionutzung zu optimieren. Die Ideen gehen uns nicht aus, eher die Programmierstunden.

Zahlen, Daten und Fakten zur Leistungskategorie Innovation, finden Sie im Datenteil des Public Value Berichts 2022/2023.